Multiple Sklerose: Zuhören, Unterstützen, Motivieren

Der Alltag mit Multipler Sklerose (MS) wirft viele Fragen bei Betroffenen und ihren Familien auf. Da ist es gut, wenn man schnell und kompetent Rat erhält – so wie im MS Service-Center in Göttingen. Dort haben wir einer Betreuerin einen Tag lang über die Schulter geschaut.

Die Stimme aus dem Telefon klingt nervös. Sie packe gerade für den Urlaub, erzählt die Anruferin. Eigentlich freue sie sich sehr auf die Reise mit dem Wohnmobil, aber jetzt plagen sie plötzlich Zweifel. Wie lassen sich ihre Medikamente unterwegs kühl halten? Wie viel Hygiene ist nötig, um sicher zu spritzen? Und was, wenn sie im Ausland plötzlich einen Arzt braucht?

Persönliche Beratung

Die junge Frau am Telefon hat die Diagnose MS erst wenige Wochen zuvor erhalten. Klar, dass sie in einigen Situationen unsicher ist und Fragen hat. Fragen, die sie nicht immer dem Neurologen stellen kann, weil sie gerade nicht bei ihm ist, wenn sie sich ergeben. MS-Patienten sehen ihren Arzt im Durchschnitt vier Stunden im Jahr, erklärt Anna Sönnichsen, Betreuerin im MS Service-Center in Göttingen. Sehr viele wünschen sich einen Ansprechpartner, der gut zu erreichen ist und sich Zeit für ihre Probleme nimmt. Genau hier setzen wir mit unserem Angebot an. Die rund 4.000 Anfragen im Monat verdeutlichen, dass die Beratung angenommen wird.

Nicht immer sind es die frisch Diagnostizierten, die sich melden, sondern auch erfahrene Patienten. Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten sind ein Dauerbrenner, unabhängig vom Alter des MS-Patienten und davon, wie weit die Krankheit fortgeschritten ist. Viele möchten wissen, wo sie die Erwerbsminderungsrente beantragen können oder welche Vorteile ein Schwerbehindertenausweis mit sich bringt.

Mit Diskretion und Feingefühl

Die Themen zur Multiplen Sklerose, mit denen ich jeden Tag zu tun habe, sind breit gefächert, sagt Anna Sönnichsen. Das macht die Beratung für mich so interessant. Ich mag es sehr, mit ganz unterschiedlichen Menschen ins Gespräch zu kommen. Manchmal wird es sehr vertraulich, vor allem dann, wenn ich mit jemandem schon oft gesprochen habe und man sich inzwischen sehr gut kennt.

Ob es der intensive Dialog ist, der den Betreuer bei seiner Arbeit im MS Service-Center motiviert, fragen wir. Mustafa Sarikaya, Projektleiter des MS Service-Centers, antwortet: Ja, es ist toll, wenn sich Anrufer trauen, mit uns über vermeintliche Tabuthemen zu reden, und es ist auch schön mitzubekommen, wie sich Patienten im Laufe der Zeit mit unserer Unterstützung weiterentwickeln. Anfangs nach der Diagnose sind viele unsicher, im Verlauf der Therapie kommen sie dann mit ihrer Krankheit immer besser zurecht.

Die vielen Postkarten und ein kleiner Glücksbringer, die eine Wand im MS Service-Center schmücken, zeigen, wie bedeutend eine persönliche Anlaufstelle für Menschen mit MS sein kann. Gerade wenn das Leben anders als geplant verläuft und von einer Krankheit geprägt wird, kommt es darauf an, dass man jemanden hat, der zuhört, Neues erklärt und einen für die eigenen Entscheidungen stark macht. ak