Multiple Sklerose: Bewegung einfach neu lernen

So lange wie möglich die Selbstständigkeit bewahren – das ist vor allem für Menschen mit Multipler Sklerose wichtig! Dabei sind es die alltäglichen Bewegungen, die maßgeblich zur Mobilität und Eigenständigkeit beitragen.Kinaesthetics zielt darauf ab, den eigenen Körper besser wahrzunehmen und sich so zu bewegen, wie es für den Einzelnen am besten passt. Trainerin Petra Kümmel erklärt, wie Betroffene und Helfer von dem ganzheitlichen Konzept profitieren.

Was ist das Besondere an Kinaesthetics?

Bei Kinaesthetics geht es darum, wie ich mich im Alltag so bewege, dass meine Gesundheit erhalten bleibt. Um dies für sich beantworten und später in die Praxis umsetzen zu können, steht – neben den theoretischen Grundlagen, wie Bewegung funktioniert–vor allem die Wahrnehmung der eigenen Bewegung im Mittelpunkt des Konzepts. Das heißt, ich lerne zunächst meine Gewohnheiten genau kennen und mache mir meine eigenen Bewegungsabläufe bewusst. Anschließend versuche ich zu erspüren, wie ich bestimmte Alltagsbewegungen für mich am leichtesten, also mit möglichst wenig Anstrengung, durchführen kann.

Was ist, wenn mir bestimmte Bewegungen schwer fallen oder ich körperlich beeinträchtigt bin?

In diesen Fällen hilft mir Kinaesthetics dabei, meine vorhandenen Ressourcen optimal zu nutzen, verlorene Fähigkeiten wieder aufzubauen sowie neue Bewegungs- und Verhaltensmuster zu erlernen. Dabei lehrt das Konzept keine mechanische Technik, sondern jeder neue Bewegungsablauf wird ganz individuell entwickelt. Kinaesthetics liefert auf spielerische Art und Weise Ideen für Veränderungen in der Bewegung. Ziel ist, eine größere Selbstkontrolle im Bewegungsablauf zu erlangen. Diese wiederum fördert die Unabhängigkeit und führt zu mehr Lebensqualität.

In welchen Alltagssituationen kann mir Kinaesthetics helfen?

Wenn ich MS habe und zum Beispiel zu Schwindel neige, häufiger stürze und ohne fremde Hilfe wieder aufstehen oder meinen Gehstock in manchen Alltagssituationen nicht benutzen möchte. Auch wenn ich auf den Rollstuhl angewiesen bin, alleine aufstehen oder in diesen zurückkommen möchte, dann liefert mir Kinaesthetics eine praktische Grundlage, meine Bewegungsmuster zu erweitern und mit Einschränkungen effektiver umgehen zu können.

Welchen Nutzen ziehen Helfende oder pflegende Angehörige aus dem Konzept?

Die Herausforderung für Unterstützende besteht darin, dass sie sich nicht alleine bewegen, sondern gemeinsam mit einer anderen Person. Möchte ich beispielsweise jemandem beim Aufstehen helfen, sollte ich dies möglichst so tun, dass einerseits die körperliche Belastung für mich gering ist und andererseits die individuellen Fähigkeiten des Betroffenen mit einbezogen und gefördert werden. Beide Seiten sind somit ständig im Dialog und lernen durch das Miteinandersprechen und Ausprobieren, was gut funktioniert.

An wen wende ich mich, wenn ich lernen möchte, Kinaesthetics anzuwenden?

Interessierte an einem Einzeltraining zu Hause können sich direkt an einen Kinaesthetics-Trainer wenden. Kurse werden von verschiedenen Institutionen, wie Sozialstationen, Familienbildungsstätten oder Selbsthilfegruppen, angeboten.

Petra Kümmel
Kinaesthetics-Trainerin, Lehrerin für Pflegeberufe, Gesundheits- und Krankenpflegerin