Psyche: Gefühle achten und verarbeiten

Menschen, welche die Diagnose »chronisch krank« erhalten – sei es MS, Parkinson oder Alzheimer – reagieren darauf sehr unterschiedlich. Bei einigen entstehen ausgeprägte Stressgefühle, die einen schockähnlichen Zustand herbeiführen können. In der Verarbeitung einer schweren Diagnose spielt die Persönlichkeit eines Patienten eine große Rolle sowie seine individuellen Verhaltensmuster zum Umgang mit Stress, weiß NTC-Ärztin Dr. med. Monika Körwer, Grevenbroich. Es gibt Patienten, die verfallen in Lethargie und Resignation. Es kann auch vorkommen, dass sie wegen der Diagnose Schamgefühle entwickeln oder sogar denken, sie wären daran in irgendeiner Form schuld. Diese Betroffenen möchten erst mal, dass niemand davon erfährt, weder Angehörige noch Freunde oder Kollegen.

Es gebe aber auch viele Betroffene mit einem aktiven Bewältigungsmuster, so Dr. Körwer. Sie wollten über jedes Detail der Krankheit aufgeklärt werden und informierten sich auch selbst, was für sie ab sofort das Beste ist und was sie im Kampf gegen die Erkrankung tun können. Diese Patienten seien meistens bei der Verarbeitung der Diagnose sehr erfolgreich und benötigten kaum zusätzliche Hilfe.

Ärztliche Hilfe

Der behandelnde Arzt kann den Patienten dabei unterstützen herauszufinden, wie stabil sein Befinden und die Bindungen in der Familie oder im Beruf sind und welche Konstellationen einen psychischen Schutz darstellen bzw. welche zusätzlichen Stress bedeuten. Es ist wichtig zu erfassen, über welche sogenannten Resilienzfaktoren, das heißt über welche individuelle seelische Widerstandsfähigkeit der Betroffene verfügt. Diese Fähigkeiten seien hilfreich, um Krisen auch mithilfe persönlicher und sozialer Ressourcen zu meistern, erklärt Dr. Körwer.

Hat der Patient die neue Situation so weit es geht akzeptiert, kann der Arzt Ansätze zur Ermutigung und zum achtsamen Umgang mit sich selbst anbieten. Das heißt, es können Strategien – sogenannte Coping-Maßnahmen – entwickelt werden, durch deren Anwendung der Patient lernen kann, die neue belastende Situation zu managen. Wenn ihm das gelingt, lässt sich das Risiko einer übermäßigen Stressbelastung oder Depression als Begleiterscheinung der eigentlichen Grunderkrankung minimieren.

Stress bekämpfen

Auch in einer psychischen Ausnahmesituation empfehlen sich Verhaltensweisen, die grundsätzlich zum Stressabbau beitragen, wie Entspannung und Erholung – auch in Form von regelmäßigem Schlaf, Bewegung und Sport, gesunde Ernährung – und nicht zuletzt positives Denken und emotionales Stressmanagement.

Wichtig ist auch, sich nicht zurückzuziehen, sondern sich aktiv mit der Krankheit auseinanderzusetzen und Wege zu einem Alltag mit zufriedenstellender Lebensqualität zu finden. Dazu gehört, achtsam zu sein und auf seine Gefühle und Bedürfnisse Rücksicht zu nehmen. Auch anderen Personen – Familie, Freunden oder Arbeitskollegen – gegenüber dürfen bzw. sollten die eigenen körperlichen und seelischen Grenzen abgesteckt werden. Achtsamkeitsübungen haben also viel damit zu tun, sich persönlich in einem guten Gleichgewicht zu halten.

Übrigens: Von vielen regionalen Selbsthilfegruppen, aber auch von spezialisierten Arztpraxen werden regelmäßig Projekte angeboten, die sich damit befassen, Körper und Geist zu stärken, um der Krankheit entgegenzutreten.