Parkinson: Stürze vermeiden

Um vor plötzlichen Stürzen geschützt zu sein, können Parkinson-Patienten mithilfe von einfachen Tricks und Übungen lernen, Starthemmungen und Gleichgewichtsstörungen entgegenzuwirken.

Sei es der Türrahmen oder eine Schwelle – viele scheinbar einfache Hindernisse können für Parkinson-Patienten eine große Herausforderung darstellen. Plötzlich wollen die Beine nicht mehr und man kommt keinen Schritt weiter. Unter solchen Starthemmungen, auch als Freezing bekannt, leiden vor allem Patienten im fortgeschrittenen Krankheitsstadium. Ein weiteres Problem können Gleichgewichtsstörungen sein, das heißt, der Betroffene fällt leichter um, wenn er beispielsweise angerempelt wird. In schweren Fällen kommt es zu spontanen Stürzen ohne ersichtlichen Grund.

Medikamente kaum wirksam

Beim Freezing gilt es zu unterscheiden, ob es in einer Off-Phase der Parkinson-Erkrankung vorkommt – also die momentane medikamentöse Therapie nicht ausreicht, um alle Symp-tome im Griff zu behalten – oder in einer On-Phase, in welcher der Patient medikamentös eigentlich gut eingestellt ist und keine weiteren Beschwerden hat.

Kommt es in der Off-Phase zu Starthemmungen, sollte zunächst versucht werden, diese durch eine Umstellung der Therapie unter Kontrolle zu bekommen, entweder durch ein anderes Präparat oder eine höhere Dosierung, rät NTC-Neurologe Dr. med. Robert Pfister, Neusäß.

In der On-Phase kommt dies nicht in Frage und auch ein Hirnschrittmacher ist für diese Symptome keine Lösung, sodass die Betroffenen auf andere Hilfe angewiesen sind. Das Gleiche gilt laut Dr. Pfister für die Gleichgewichtsstörungen. Auch hier haben weder Medikamente noch eine tiefe Hirnstimulation einen positiven Einfluss. Umso wichtiger ist es, dass die Patienten lernen, Freezing und Gleichgewichtsprobleme zu umgehen.

Das Gehirn überlisten

Insbesondere bei den Starthemmungen gibt es einige Tricks, die Patienten helfen können, den Moment des Stockens zu überwinden. Allen gemein ist, dass das Gehirn durch einen akustischen, visuellen oder taktilen Reiz abgelenkt und überlistet wird und der Betroffene weiterlaufen kann.

Die Cueing genannten Tricks bzw. entsprechende Übungen können Parkinson-Patienten in der Krankengymnastik lernen. Daher sollten sie ihrem Therapeuten unbedingt von den Problemen erzählen oder sich die spezielle Physiotherapie von ihrem behandelnden Arzt verschreiben lassen, so Dr. Pfister.

Akustische oder visuelle Signale

Oftmals hilft es, das Freezing mithilfe eines akustischen Startsignals zu bezwingen. Dazu kann man zum Beispiel laut bis drei zählen oder auf die Plätze, fertig, los! aufsagen. Auch ein lautes Auf geht’s! – gesagt durch den Betroffenen selbst oder einen Begleiter – kann helfen. Dr. Pfister kennt zudem Patienten, denen es mittels Musik aus dem MP3-Player leichter fällt loszulaufen. Besonders sehr rhythmische Musik, wie Marsch- oder Tanzlieder, ist dafür geeignet.

Auch ein visueller Reiz kann zum Loslaufen bewegen. Dazu kann man beispielsweise mittels eines Laserpointers einen Lichtfleck etwa 30 cm vor sich auf den Boden projizieren und dann versuchen, auf diesen zu treten.

Mechanischer Reiz

Einige Patienten klapsen sich aufs Bein oder kneifen sich in die Hüfte, weiß Dr. Pfister. Und nicht zuletzt gebe es noch die Möglichkeit, dem Betroffenen ein Bein zu stellen. Auch wenn es paradox klingt: Stellt ein Begleiter dem festgefrorenen Patienten einen Fuß in den Weg und zwingt ihn, diesen zu übersteigen, wird die Hemmung meistens überwunden, erklärt der Neurologe. Das gleiche Prinzip nutze ein spezieller (Anti-Freezing-)Gehstock aus dem Sanitätshaus: Am unteren Ende des Stockes lässt sich bei Bedarf eine kleine horizontale Barriere ausklappen, über die der Patienten dann steigen muss. Ist das Freezing damit überlistet, lässt sich das Hindernis wieder einklappen.

Individuelles Gehtraining

Neben den verschiedenen Tricks – unter denen jeder Patient die für ihn am besten funktionierende Methode finden muss – sollte die Physiotherapie individuell an die jeweiligen motorischen Fähigkeiten angepasst werden. In der Gehschule, die bereits bei ersten Gehproblemen begonnen werden sollte, kann der Therapeut das Gangbild des Patienten analysieren, mög-liche Schwierigkeiten erkennen und dann beispielsweise Schrittlängen, das Abrollen des Fußes oder begleitende Armbewegungen korrigieren.

Gleichgewicht verbessern

Auch bei Gleichgewichtsstörungen gibt es einige Übungen, mit denen der Patient in der Krankengymnastik lernen kann, stabiler zu gehen und zu stehen. So wird zum Beispiel beim Schubstraining daran gearbeitet, Schubse oder Rempler von anderen Personen durch einen Ausfallschritt abzufangen. Auch das Laufen auf wackeligem, unruhigem Untergrund führt dazu, das Gleichgewicht zu verbessern, um sich in brenzligen Situationen ausbalancieren zu können. Damit können viele Stürze vermieden werden.

Nicht zuletzt empfiehlt Dr. Pfister, Sportarten zu versuchen, welche die Motorik positiv beeinflussen, wie Tanzen, Tai Chi oder Qigong. Einige dieser Techniken werden auch in Parkinson-Kliniken angeboten.

Sturzrisiko mindern

Unabhängig von den motorischen Übungen können Parkinson-Patienten auch in den eigenen vier Wänden einige Aspekte beachten, um Stürze so gut es geht zu vermeiden. Dazu gehört Prof. Dr. med. Florian Gebhard, Unfall-Chirurg aus Ulm, zufolge in erster Linie, auf Stolperfallen, wie dicke Teppiche oder herumliegende Gegenstände, zu verzichten. Andere Teppiche kann man mit doppelseitigem Klebeband sichern. Bei glatten Flächen oder Treppen können aufgeklebte Teppichfliesen für Sicherheit sorgen, zudem sollten die erste und die letzte Stufe gekennzeichnet werden. Auch nicht zu unterschätzen ist die optimale Beleuchtung: Je heller es in den Räumen ist, desto eher werden mögliche Hindernisse wahrgenommen.

Da insbesondere das Badezimmer viele Gefahren birgt, sollte hier darauf geachtet werden, Wasserlachen sofort zu entfernen, in Badewanne und Dusche Haltegriffe und selbstklebende Antirutschbänder anzubringen und gegebenenfalls in der Dusche für eine Sitzmöglichkeit zu sorgen.