Epilepsie: Anfallsfrei nach Operation

Wenn es bei einem Epilepsie-Patienten mit zwei verschiedenen Medikamenten zu keiner Verbesserung der Anfallssituation kommt, gilt er als pharmakoresistent. Dass vielen dieser Betroffenen eine Operation helfen kann, weiß Prof. Dr. med. Christian E. Elger.

Herr Prof. Elger, welche operativen Möglichkeiten gibt es bei Epilepsie?

Man muss unterscheiden zwischen den stimulativen und den resektiven Eingriffen. Bei einer Stimulation werden Schaltkreise im Gehirn so beeinflusst, dass der Patient weniger Anfälle hat, eine komplette Anfallsfreiheit beziehungsweise Heilung erfolgt aber nicht. Dagegen wird bei einer Resektion diejenige Hirnstruktur entfernt, in welcher der Epilepsieherd lokalisiert wurde. Dadurch kann es in vielen Fällen zu einer dauerhaften Anfallsfreiheit kommen.

Für welche Patienten kommt eine solche resektive Operation infrage?

Etwa ein Drittel aller Epilepsie-Patienten wird durch Medikamente unbefriedigend behandelt. Sie leiden auch weiterhin unter Anfällen. Schätzungen zufolge kommt für 10 bis 20 Prozent dieser Betroffenen eine Operation als Behandlungsmöglichkeit in Frage. Generell würde ich Patienten, die seit zwei bis drei Jahren erfolglos behandelt wurden, empfehlen, sich noch mal intensiv mit ihrem behandelnden Arzt zu beraten oder in ein spezialisiertes Epilepsie-Zentrum zu gehen. Dort kann man sie über alternative Behandlungsmöglichkeiten, wie die Operation, aufklären. Erfahrungsgemäß finden sich unter diesen Patienten, die eigentlich schon resigniert haben, immer wieder welche, deren Leben sich durch eine erfolgreiche Operation komplett ändert. Mit der erlangten Anfallsfreiheit wird immerhin nicht nur der private, soziale und berufliche Alltag erleichtert, auch das Risiko eines plötzlichen durch schwere Anfälle bedingten Todes sinkt gegen Null.

Kann man die Chance auf Anfallsfreiheit in Zahlen benennen?

Die pharmakoresistenten Patienten haben – wenn sie weiter Medikamente ausprobieren – eine Anfallsfreiheitschance von vielleicht fünf bis acht Prozent. Bei derselben Gruppe von Patienten steigt diese Chance je nach Ausgangssituation und Art der Operation auf 50 bis 90 Prozent. Eine solch hohe Chance auf Anfallsfreiheit haben vor allem Patienten, die unter einer fokalen kortikalen Dysplasie leiden.

Welche Rolle spielt eine genaue Diagnostik für die Operation?

Voraussetzung für eine resektive Operation ist, dass bei dem Patienten der Epilepsieherd im Gehirn gut lokalisiert werden kann. Dies wird Dank immer besserer technischer Möglichkeiten erleichtert. Neben der klassischen Kernspintomografie werden beim sogenannten MRT post-processing per Computer Bilder des erkrankten Gehirns mit bis zu 300 Aufnahmen gesunder Gehirne verglichen, um auch kleinste Auffälligkeiten, wie Unterschiede in der Dicke der Hirnrinde, ungewöhnliche Ausdehnungen oder anomale Schattierungen, zu entdecken.

Wird eine Läsion ausgemacht, muss elektrophysiologisch – mittels EEG – bewiesen werden, dass diese auch der epileptogene Herd ist, also die typischen Anfälle des Betroffenen verursacht. Ist dieser Zusammenhang nachgewiesen, kommt eine Operation als Behandlungsoption in Betracht.

Prof. Dr. med. Christian E. Elger
Facharzt für Neurologie, Klinik für Epileptologie, Bonn