Multiple Sklerose: Auf Kurs bleiben

Es kommt vor, dass im Verlauf einer MS-Basistherapie die Therapietreue auf eine harte Probe gestellt wird. Dann ist es gut, wenn Patienten rechtzeitig einen Kompass an die Hand und kundige Lotsen an die Seite bekommen, um auf Kurs zu bleiben. So lange wie möglich fit und beweglich zu sein, ist das Ziel einer Therapie.

Multiple Sklerose verlangt tagtäglich mehr Aufmerksamkeit und Rücksicht, als jedem lieb sein kann. Oft führen Beschwerden dieser bisher unheilbaren Nervenerkrankung zu schmerzlichen Einschränkungen im Alltag, das Leben mit MS bringt viele Patienten manchmal an ihre Grenzen. Einige schaffen es dann nicht, ihrer Therapie treu zu bleiben: Jeder Dritte bricht die MS-Behandlung innerhalb der ersten fünf Jahre ab, viele geben bereits sechs Monate nach Therapiebeginn auf.

Die Gründe für einen Therapieabbruch können individuell unterschiedlich sein, Ärzte nehmen sie ernst. Denn schließlich liegt es in der Hand der Patienten, ob sich die gemeinsam vereinbarte Behandlung als wirksam erweist und hilft, ihre Lebensqualität langfristig zu erhalten oder sogar zu verbessern. Als Folgen fehlender Therapietreue sind bekannt: tendenziell mehr Schübe, Anstieg der Behinderungsprogression, später eine intensivere medizinische Betreuung.

Achtung, Klippen!

Zu den häufigsten Gründen für Therapieabbrüche zählen:

  • Nebenwirkungen der Basistherapie und Unverträglichkeiten,
  • wenig Zuversicht in die langfristige Wirksamkeit der Therapie,
  • Vergesslichkeit oder mangelnde Selbstorganisation,
  • Kinderwunsch, Schwangerschaft und Stillzeit.

Aus medizinischer Sicht stellt allein der Punkt »Familienplanung« einen plausiblen Grund dar, die Basistherapie nach Absprache mit dem behandelnden Arzt zu unterbrechen. Die meisten Frauen wollen in der Schwangerschaft ohne Medikamente auskommen, bestätigt Dr. med. Kerstin Hellwig von der Uniklinik Bochum. Die Basistherapie in der Schwangerschaft weiterzuführen, bedarf einer sorgfältigen Abwägung von Risiko und Nutzen. Für alle anderen Patienten ist es wichtig, sich immer wieder selbst zu motivieren, um die Therapie fortzuführen.

Aktive Rolle der Ärzte

Gezielte Informationen und ein effektives Nebenwirkungsmanagement stärken Patienten, die wegen Unverträglichkeiten oder mangelnder Zuversicht versucht sind, ihre Basistherapie abzubrechen. Wesentlich für die Therapietreue sind ein gutes Arzt-Patienten-Verhältnis, Verständnis für die Erkrankung und eine kontinuierliche Unterstützung der Patienten, fasst NTC-Neurologe Dr. med. Michael Lang aus Ulm zusammen und streicht dabei den aktiven Beitrag heraus, den Ärzte zur besseren Therapietreue ihrer Patienten leisten können. Einer Untersuchung an der Ulmer Patientenakademie Neuropoint zufolge steigt die Bereitschaft zur lückenlosen Therapie signifikant mit der Anzahl an Kontakten, die Patienten zu MS-Schwestern und Ärzten haben, sowie mit Besuchen von Informationsveranstaltungen.

Begleitung mit System

Die Form einer Basistherapie spielt eine untergeordnete Rolle, wenn es um Therapietreue geht. Mit den neueren, komfortableren Medikamenten – Tabletten oder Spritzen alle zwei Wochen – sei der Betreuungsbedarf nicht geringer geworden, stellt NTC-Neurologe Dr. med. Andreas Wiborg fest. Das Gegenteil sei der Fall, so Dr. Wiborg: Patienten fragen nach Lösungen, um pünktlich und regelmäßig an ihre Medikamente zu denken. Eine Erinnerungs-App für Patienten zum Beispiel kann da schon entlasten. Einige Hersteller bieten bereits praktische Lösungen zur Verbesserung der Therapietreue an.