Multiple Sklerose: *drück dich*

Das Internet bietet eine Vielfalt an Informationen, wenn es um das Leben mit einer chronischen Erkrankung geht. Doch es ist längst mehr als ein praktisches Nachschlagewerk. Immer mehr Menschen mit MS schätzen das Netz als Ort der Begegnung untereinander. Wie kommt man dorthin? Ein Wegweiser für den Einstieg in die sozialen Medien.

Kennt Ihr das auch…?« – So beginnen häufig Gespräche in Internetforen rund um die Multiple Sklerose. Teilnehmende schreiben dort, was sie gerade bewegt, fragen nach, mit welchen Medikamenten andere gut zurechtkommen. Manche machen spontan ihrem Herzen Luft, wenn es in der Partnerschaft knistert. Prompte Lösungsvorschläge oder ein herzlich getipptes *drück dich* sind ihnen gewiss. Die Resonanz Gleichgesinnter hilft, tröstet, muntert auf.

Kein Wunder, dass der Wunsch nach Erfahrungsaustausch und Unterstützung immer mehr Patienten motiviert, sich in sozialen Medien zu informieren und Anschluss zu finden. Für viele ersetzt oder ergänzt die Netzgemeinschaft die Teilnahme an einer MS-Selbsthilfegruppe vor Ort. PC und Smartphone werden plötzlich zum Fenster zur Welt.

Neueinsteiger haben oft noch Hemmungen, im Netz aktiv mitzumischen. Man weiß ja nie genau, mit wem man es in Communities zu tun hat – ein Einwand, der sich zwar nicht von der Hand weisen lässt, aber womöglich gar nicht entscheidend ist: Ich merke schnell, wer die gleiche Wellenlänge wie ich hat, kann diese Kontakte vertiefen oder auf private E-Mail verlagern, erklärt Kirstin, 40 Jahre, die regelmäßig in mehreren MS-Gruppen postet und sich so über Neues zu ihrer Erkrankung auf dem Laufenden hält.

Auch Birgit Bauer ist jemand, die ohne Internet gar nicht mehr kann. Zum Thema MS hat sich die Social Media-Expertin weltweit vernetzt, sie berät Patientenorganisationen und gestaltet die Internetszene aktiv mit. Wir fragten sie nach Tipps für den richtigen Anschluss an die Netzgemeinschaft.

Der erste Klick

Eine gute Anlaufstelle sind zunächst Websites von Patientenorganisationen. Sie bieten fachlich geprüfte Informationen, betreiben offene Foren, die jeder mitlesen kann, oder geschlossene Gruppen. Diese können nur angemeldete und bestätigte Mitglieder nutzen, mit den geteilten Inhalten und Daten bleibt man unter sich. In den meisten Gruppen oder Foren findet man Moderatoren, die oft selbst aus dem Patientenbereich kommen.

Gruppen und Dialoge finden

Beliebte soziale Netzwerke sind unter anderem Facebook, Google+, Instagramm und Twitter. Wer sich dort anmeldet, kann ein Schlagwort wie Fatigue in die Suchmaske eingeben und erhält eine Liste mit entsprechenden Einträgen. Ein Schlüssel zum Auffinden von Themen ist der Hashtag # (Raute). Gibt man zum Beispiel #MS ein, finden sich alle relevanten Begriffe auf einen Blick. Viele Nutzer verwenden #, um die Suche für andere einfacher zu machen und um bessere Suchergebnisse zu erzielen.

Beiträge und Fotos posten

Je aktiver Sie sich beteiligen, desto mehr Aufmerksamkeit und die daraus resultierenden guten Kontakte sind Ihnen sicher. Auch gutes Benehmen ist wichtig. Stellen Sie sich in Gruppen im ersten Beitrag kurz vor, das erleichtert anderen, auf Sie zuzugehen. Wichtig zu wissen: Wer sich zum Thema MS in den sozialen Medien bewegt und Diskretion wünscht, sollte sich eine alternative E-Mail-Adresse anlegen und unter einem Spitznamen posten. Das Internet ist öffentlich, ein Schutz der Privatsphäre nur eingeschränkt möglich. Vor dem Einstellen eigener Fotos oder emotionaler Äußerungen lohnt es sich zu überlegen, wie viel man wirklich von sich preisgeben möchte.

Den richtigen Ton treffen

Bevor Sie sich in sozialen Netzwerken bemerkbar machen, empfiehlt es sich, ein wenig mitzulesen und ein Gespür dafür zu entwickeln, welcher Umgangston vorherrscht. Meistens ist der Ton eher leger, aber es wird oft auch sachlich und neutral über Themen gesprochen. Erlaubt ist, was nicht weh tut: Harsche Kritik oder zynische Witze kommen nicht gut an. Werden Sie im Gruppendialog provoziert, bleiben Sie neutral und sachlich, aber freundlich. Das ist nicht immer einfach, aber hilft sehr, um die Diskus-sion abzukühlen.

Netzgemeinschaften – Foren und Gruppen – teilen gerne Informationen aus dritten Quellen, meistens über Links, die zu anderen Webseiten führen. Vor allem medizinische Informationen oder therapeutische Empfehlungen sollten nicht bedenkenlos übernommen werden. Schauen Sie zunächst, ob es klare Quellenangaben gibt: Wer steckt hinter der Website? Sind die Inhalte sachlich und ausgewogen dargestellt? Im Zweifel helfen Suchmaschinen oder das eigene Netzwerk, ergänzende Informationen zu finden.

Einen Blog starten

Wer sich nach einem erfolgreichen Einstieg in die sozialen Medien genauer informieren und mitteilen oder selbst eine Gemeinschaft aufbauen möchte, kann einen eigenen Blog, ein Online-Tagebuch, anlegen. Zahlreiche Anbieter, zum Beispiel Wordpress oder Blogger, stellen kostenlose und technisch einfache Programme bereit, mit denen sich Blogseiten einrichten und gestalten lassen. Ein schönes Beispiel dafür, wie sich eine Blogseite zu einer populären Adresse im Internet wandeln kann, liefert Birgit Bauer mit ihrer Seite Leben und Arbeiten mit Multipler Sklerose. Selbst eine große Frauenzeitschrift verbreitete die Beiträge zeitweilig unter der eigenen Flagge und sorgte so für eine breitere Aufklärung über MS.