chronisch krank: Verbündete finden

In Selbsthilfegruppen finden viele chronisch Erkrankte und Angehörige einen Raum, in dem sie mit ihren Fragen und Sorgen willkommen sind. Ein Blick über den Tellerrand kann helfen, die Lebensqualität zu verbessern.

Rund drei Millionen Deutsche gehören einer freien oder organisierten Selbsthilfegruppe an. Einer von ihnen ist Josef Bardelmann aus Marburg. Mit 38 Jahren erfuhr der berufstätige Vater von zwei Kindern, dass er Morbus Parkinson hat. Vor vier Jahren gründete er eine Selbsthilfegruppe für Jung-Erkrankte unter dem Dach der Deutschen Parkinson Vereinigung.

Herr Bardelmann, was hat Sie zur Selbsthilfe motiviert?

Als ich die Diagnose bekam, mochte ich von einem Austausch mit Parkinson-Betroffenen erst nichts wissen. Denn ich wollte mir nicht vor Augen führen lassen, wie es in einigen Jahren vielleicht um mich bestellt sein würde. Dann merkte ich, wie sehr es belastet, mit der Krankheit alleine dazustehen. Also beschloss ich, eine eigene Gruppe zu gründen, in der auch das Berufsleben ein Thema ist.

Warum lohnt sich das Teilnehmen an einer Selbsthilfegruppe?

Wenn ich das gefragt werde, sage ich: Hier kannst du dich in Ruhe mit anderen austauschen, ohne dich verstellen zu müssen. Wir sprechen darüber, wie es zu schaffen ist, mit Parkinson gut zu leben, die kleinen Probleme des Alltags zu lösen, und wie man sich die Freude im Leben erhält.

Über was sprechen Sie bei den Treffen?

Wenn es um Fachliches geht, ist das Interesse an Therapiemöglichkeiten groß. Dazu laden wir ab und zu Referenten ein. Die meisten von uns kommen allerdings für das persönliche Gespräch. Sie möchten Tipps und Neuigkeiten austauschen oder einfach mal eine Auszeit vom Alltag mit der Krankheit nehmen. Da werden untereinander Urlaubsfotos gezeigt, gemeinsame Unternehmungen geplant. Es geht uns vor allem darum, einen Raum für Begegnung zu schaffen. Möglich ist es auch, neue Freunde zu finden.

… über was möchten Sie nicht reden?

Tabuthemen gibt es nicht. Doch als Gruppenleiter sage ich jedem, der neu dazukommt, dass wir uns auf gegenseitige Diskretion verlassen möchten: Privates bleibt privat. Schwerwiegende Probleme, zum Beispiel Depressionen, welche die Erkrankung begleiten können, erörtern wir nicht in der Gruppe. Denn niemand von uns kann einen Psychologen ersetzen. Auch können wir keine rechtlichen Auskünfte erteilen.

Wer besucht die Selbsthilfegruppe?

Wir sind eine offene Gruppe mit rund 20 Leuten aus der Region. Einer von uns fährt sogar zwei Stunden mit der Bahn, um dabei sein zu können. Wer irgendwann nicht mehr mobil ist, den besuchen wir zu zweit oder zu dritt auch zu Hause. In unserer Gruppe sind übrigens auch Angehörige willkommen.

Wie findet man für sich eine passende Gruppe?

Die Deutsche Parkinson Vereinigung vermittelt Ansprechpartner und Adressen. Im Internet lässt sich schnell eine Selbsthilfegruppe in der Nähe finden. Außerdem gibt es eine bundesweite Kontaktstelle, über die man eine Gruppe finden oder eine neue gründen kann.