Demenz: Habe ich Alzheimer?

Demenz ist nicht gleich Alzheimer. Je nach Ursache bilden sich Störungen der Hirnfunktionen wieder zurück.

Bei einer Demenzerkrankung kommt es im Erwachsenen-alter zu einer fortschreitenden Beeinträchtigung der höheren Hirnfunktionen, insbesondere der Gedächtnisleistungen. Grundsätzlich gehören zu einer Demenzdiagnose aber weitere Beeinträchtigungen: Störungen der räumlichen Orientierung, des Denkvermögens, der Auffassungsgabe, der Urteilsfähigkeit, des inneren Antriebes oder des Sozialverhaltens. Für die Diagnosestellung gilt, dass die Beeinträchtigungen alltagsrelevant sein müssen, also das berufliche oder soziale Leben erheblich erschweren und die Lebensqualität mindern.

Demenz ist also zunächst nur eine Ansammlung von verschiedenen wegweisenden Symptomen, man spricht auch von einem dementiellen Syndrom. Diesem können wiederum unterschiedliche Erkrankungsprozesse zugrunde liegen.

Verlust an Nervenzellen

Die häufigste Ursache eines dementiellen Syndroms ist die Alzheimer-Erkrankung. Dabei kommt es im Gehirn zu einem zunehmenden Untergang von Nervenzellen und Nervenzellverbindungen (Synapsen). Dieser beschleunigte Zelluntergang führt ab einer gewissen Schwelle zu bemerkbaren Symptomen.

Man spricht von einer primären Demenz, wenn das unmittelbare Kennzeichen eines hirneigenen Krankheitsprozesses die dementielle Symptomatik ist. Dazu zählen unter anderem auch die gefäßbedingte (vaskuläre) Demenz bei chronischen Hirndurchblutungsstörungen und die Lewy-Körperchen-Demenz. Diese Demenzformen sind nicht heilbar, bei einigen Formen kann eine Behandlung mit Medikamenten jedoch den Krankheitsverlauf abbremsen.

Sekundäre Demenzen

Zudem gibt es eine Reihe von Erkrankungen, die sich erst mal nicht als Demenz präsentieren, bei denen aber unter anderem auch Demenzsymptome auftreten können. Fach-ärzte sprechen dann von sekundären Demenzen. Diese Erkrankungen können sich im Gehirn selbst oder auch außerhalb des Gehirns abspielen. Es kommt dabei über eine Beeinträchtigung des Hirnstoffwechsels zu Störungen der höheren Hirnfunktionen. Eine sekundäre Demenz betrifft rund jeden zehnten Demenz-Patienten.

Wenn sich ein Patient mit einem dementiellen Syndrom in der Praxis vorstellt, wird der Facharzt die Ursache möglichst genau feststellen und zwischen einer primären und einer sekundären Demenzform unterscheiden.

Dazu dienen die Schilderungen von Patienten und Angehörigen, eine körperliche Untersuchung, eine Blutabnahme, ein EEG, eine Ultraschall-untersuchung der hirnversorgenden Arterien sowie dann eine Kernspin- oder Computertomographie, oft auch eine Nervenwasseruntersuchung (Liquor), in seltenen Fällen eine Hirnstoffwechseluntersuchung (PET).

Fallbeispiele

An zwei Fallbeispielen lässt sich gut veranschaulichen, wie sich eine sekundäre Demenz darstellen kann. Eine 53-jährige Sachbearbeiterin verändert sich über mehrere Monate auffällig. Die sonst lebhafte und aktive Frau zeigt immer weniger Interesse für ihre Umgebung, zieht sich zurück, ist im Gespräch verlangsamt und unkonzentriert und vergisst Verabredungen. Sie ist ständig müde, ihr ist kalt und sie entwickelt eine unangenehme Verstopfung. Das Haar wird brüchig und trocken, die Haut kühl und teigig.

Mit dem Verdacht einer beginnenden Demenz kommt die Patientin zu einem Neurologen. In der testpsychologischen Untersuchung zeigen sich deutliche krankhafte Auffälligkeiten für Gedächtnis-, Konzentrations- und Aufmerksamkeitsleistungen. Im Rahmen der Blutuntersuchung wird eine schwere Schilddrüsenunterfunktion diagnostiziert. Diese wird von einem Internisten medikamentös behandelt, wodurch sich die Symptomatik vollständig zurückbildet.

Intensive Diagnose

In einem anderen Fall verbringt ein 70-jähriger ehemaliger Rechtsanwalt immer mehr Zeit im Bett, vernachlässigt Körperpflege und Kleidung. Im Gespräch ist er auffallend unpräzise und teilnahmslos. Seine Stimmung wirkt gedrückt, seine Gedächtnisleistungen lassen dramatisch nach. Eine vom Hausarzt eingeleitete Behandlung mit Antidepressiva bringt über sechs Wochen keine durchgreifende Besserung. Der hinzugezogene Neurologe veranlasst eine Kernspintomographie des Schädels. Hier zeigt sich ein großer Tumor über den vorderen Hirnanteilen. Letztlich handelt es sich um einen gutartigen Tumor, der operativ vollständig und komplikationslos entfernt werden kann. Nach sechs Monaten hat sich der Patient praktisch vollständig erholt.

Grunderkrankung behandeln

Neben Schilddrüsenstörungen oder Hirntumoren sind weitere mögliche Ursachen für sekundäre Demenzen: Hirnentzündungen, schwere Funktionsstörungen der Niere, ein Vitamin B12-Mangel, depressive Erkrankungen, chronischer Alkoholmissbrauch oder Medikamenten-Nebenwirkungen.

Die sekundären Demenzen sind prinzipiell therapierbar. Das heißt, nach der richtigen Diagnose besteht grundsätzlich die Möglichkeit, dass sich die begleitende Funktionsstörung des Gehirns erholen kann, wenn die zugrunde liegende Störung adäquat behandelt wird.