Demenz: Fußball zieht immer

Bettina Michel lebt mit ihrem an Demenz erkrankten Vater, dem ehemaligen Fußballer und Schalke-Manager Rudi Assauer, unter einem Dach und betreut ihn persönlich – rund um die Uhr. Im Gespräch mit NTC Impulse erklärt sie, wie wichtig es ist, gemeinsam unter Leuten zu sein.

Als Rudi Assauer im Jahr 2012 seine Alzheimer-Demenz bekannt gab, brach zunächst ein Mediengewitter über die Familie herein. Nachdem sich der Sturm gelegt hatte, konnte Bettina Michel mit ihrem Vater im Hertener Reihenhäuschen wieder zur Tagesordnung übergehen. Soweit man von Ordnung reden kann – bei einem gemeinsamen Alltag, der von der Demenz geprägt wird.

Eingespieltes Team

Für die 49-jährige Tochter des Fußballurgesteins steht es außer Frage, sich persönlich um den Vater zu kümmern. Nach gut drei Jahren des Zusammenlebens sind sie längst ein eingespieltes Team. Wir zwei haben eine Routine, die sehr gut funktioniert, sagt Bettina Michel. Dabei spielt die gemeinsame Leidenschaft Fußball eine große Rolle: Wenn Papa seine Schuhe nicht anziehen oder beim täglichen Spazierengehen nicht weiterlaufen will, drohe ich ihm mit der Ersatzbank. Das wirkt fast immer! Regelmäßig sind beide zu Gast auf Schalke: Die Spiele seines Vereins genießt er sehr, ebenso die Bratwurst, das Bier und seine Zigarre. Denn so hat er es immer schon gemacht. Oft lässt sie ihren Vater auch mit einem alten Freund ins Stadion gehen. Er soll auch mal etwas ohne mich machen können, so die Tochter, und ich genieße es dann, Zeit für mich zu haben, zum Sport, für die Sauna oder ein Glas Wein mit Freundinnen.

Keine Hemmungen

Damit diese Auszeiten möglich sind, kann Bettina Michel auf ein gut funktionierendes Netzwerk aus Familie und Freunden zurückgreifen, die sie im Alltag unterstützen, entlasten und sie auf Reisen oder bei Veranstaltungen auch begleiten. Manchmal wird mir vorgeworfen, dass ich meinen Vater vorführe. Dann frage ich zurück, ob ich ihn stattdessen lieber im Keller einsperren soll. Papa ist doch nicht blöd. Nur vergesslich. Und er weiß ganz genau, was er will. Unter Leute zu gehen, das macht er nach wie vor sehr gerne, erklärt Bettina Michel. Ich denke, dass sich zu viele Angehörige davor scheuen, mit dem Demenzkranken rauszugehen und gemeinsam das Leben zu genießen. Zu groß sind oft die Sorgen, was andere denken könnten, wenn der Betroffene sich nicht angemessen verhält.

Liebe und Lachen

Die Tochter betrübt die Vorstellung daran, wie sich die Erkrankung ihres Vaters entwickeln könnte. Ich habe Angst, dass er mich eines Tages nicht mehr als seine Bezugsperson erkennt. Wir haben in den letzten Jahren eine sehr enge Beziehung aufgebaut und ich habe ihm versprochen, dass er nie in ein Heim muss. Und auch wenn die Betreuung sie manchmal an die Grenzen der Belastbarkeit bringt, ist ihr eines ganz wichtig: Mit Humor ist vieles einfacher. Ich weiß, das ist leicht gesagt. Aber wenn man über viele Situationen lacht und sich auch mal liebevoll neckt, lässt einen das manchen Stress und Frust vergessen. Papa und ich lachen sehr viel und vielleicht ist das auch ein Grund, weshalb es ihm momentan ganz gut geht. Ich hoffe, dass das noch lange so bleibt! ag