Demenz: Neue Therapie in Sicht?

Ein neu entwickelter Antikörper kann kognitive Einschränkungen bei Alzheimer-Demenz deutlich bremsen. Das hat eine aktuelle Studie ergeben. Noch steht die Erforschung dieser Therapieform aber ganz am Anfang.

Bislang ist es nicht möglich, die Alzheimer-Demenz zu heilen. Deshalb konzentriert sich die Forschung darauf, den Verlauf dieser Gehirnerkrankung zu verlangsamen und ihre Symptome zu mindern. Dies ist laut einer Studie zumindest bei beginnender und leichter Alzheimer-Demenz möglich.

Ergebnisse machen Hoffnung

In der Untersuchung wurde der neue Antikörper Aducanumab in verschiedenen Dosierungen alle vier Wochen über ein Jahr per Infusion verabreicht. Dabei hatten die Teilnehmer der Studie zwar eine deutliche Ablagerung des Proteins Beta-Amyloid im Gehirn – ein Krankheitsaspekt der Alzheimer-Demenz – die kognitiven Einschränkungen entsprachen allerdings einer leichten Erkrankungsform.

Den Ergebnissen der Studie zufolge war der Antikörper in der Lage, den geistigen Abbau deutlich zu bremsen – je stärker die Dosierung, desto stärker der positive Effekt. So waren bei der höchsten Antikörper-Dosis die Verbesserungen im Vergleich zu anderen Dosierungen oder Placebo signifikant. Das heißt, der Unterschied wird in der klinischen Medizin als bedeutend angesehen.

Unerwünschte Nebenwirkungen

Dieses Ergebnis ist mehr als nur ein Hoffnungsschimmer, es ist schon ein Schein, sagt Prof. Dr. med. Lutz Frölich, Leiter der Gerontopsychiatrie der Medizinischen Fakultät in Mannheim. Aber er warnt auch vor zu großer Begeisterung. Nicht nur, dass es in dieser Forschungsphase bereits ähnliche Ergebnisse mit anderen Antikörpern gab, die dann nicht bestätigt werden konnten. Bei der aktuellen Studie gab es nur eine relativ geringe Teilnehmerzahl. Größere Untersuchungen müssen erst noch zeigen, ob der neue Ansatz Bestand hat. Dazu komme, so Prof. Frölich, dass die möglichen Nebenwirkungen einer Antikörper-Therapie nicht zu unterschätzen seien. In der aktuellen Untersuchung litten einige Probanden unter Kopfschmerzen, in der Bildgebung zeigten sich zudem Schwellungen oder andere Auffälligkeiten im Gehirn – mögliche unerwünschte Effekte des Amyloid-Abbaus durch den Antikörper. Dies müsse in weiteren Untersuchungen überprüft werden. Das wird allerdings noch einige Jahre dauern.

Entscheidender Zeitpunkt

Herstellung und Anwendung der Antikörper sind sehr aufwendig und teuer, sagt Prof. Frölich. Daher ist fraglich, in welchem Ausmaß und über welchen Zeitraum eine solche Therapie Betroffenen zur Verfügung gestellt kann und wer letztendlich davon wirklich profitiert. Für jeden Alzheimer-Patienten komme die Behandlung nämlich nicht in Frage. Bei ausgeprägter Demenz und somit auch stärkeren Amyloid-Ablagerungen im Gehirn kann der Antikörper Aducanumab bislang nichts ausrichten. Hier sind der Krankheitsverlauf und damit die Schäden bereits zu weit fortgeschritten, so Prof. Frölich. Umso größeren Stellenwert nehme seiner Meinung nach künftig die Diagnose der Demenz ein. Je früher die Krankheit festgestellt wird, desto eher können Therapien ansetzen – vielleicht auch einmal mit dem neuen Antikörper. ag