Epilepsie: Per Studium zum Traumberuf

Eine Epilepsieerkrankung ist kein Grund, dem Wunsch zu studieren, nicht nachzugehen. Worauf es dabei ankommt: Mögliche Nebenwirkungen von Medikamenten zu kennen und das Recht auf einen Nachteilsausgleich zu nutzen.

Natürlich habe sie genau überlegt, was sie mit Epilepsie studieren könnte, sagt Carolin T. Ich habe eine abgeschlossene Ausbildung als Krankenschwester und wollte eigentlich Medizin studieren, so die 26-Jährige. Aber ich wusste, wie anstrengend das Studium und der Beruf als Ärztin sein können. Da sich das nicht gut mit einer Epilepsie verträgt, habe ich mich für das Studienfach Soziale Arbeit entschieden. Unabhängig davon, dass einige Studienfächer wie Medizin für Epilepsie-Patienten eventuell weniger geeignet sind, ist eine Hochschulausbildung eine besondere Herausforderung. Denn da kommen zu Vorlesungen und Prüfungen auch noch Beschwerden der Erkrankung hinzu: Ich werde sehr schnell müde – eine Nebenwirkung der Medikamente. Früher bin ich in der Schule regelmäßig eingeschlafen und muss auch heute oft in Vorlesungen gegen die Müdigkeit ankämpfen.

Nebenwirkungen kennen

So wie Carolin geht es auch anderen Epilepsie-Patienten. Grundsätzlich können Antiepileptika negative Effekte auf die Kognition und das mentale Wohlbefinden haben, sagt Dr. med. Lienhard Dieterle, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie. Dazu zählen neben Müdigkeit und Erschöpfung vor allem Konzentrationsschwierigkeiten, Aufmerksamkeitsprobleme und ein langsameres Arbeitsgedächtnis. Auch das Sprachverständnis kann gestört sein und es kann zu Problemen bei der Entwicklung von logischen Lösungs- und Planungsstrategien kommen, alles wichtige Voraussetzungen für ein erfolgreiches Studium. Stellen Betroffene solche Beschwerden bei sich fest, sollten sie mit ihrem Arzt darüber sprechen und einen Medikamentenwechsel versuchen. Nicht jedes Präparat hat bei jedem die gleichen Nebenwirkungen. Das ist individuell unterschiedlich und man muss eventuell einige versuchen, bis man ein passendes Medikament findet, mit dem man Anfallsfreiheit erzielt, die Nebenwirkungen sich aber in Grenzen halten, so Dr. Dieterle.

Nachteile ausgleichen

Ich habe zwar verschiedene Medikamente ausprobiert, fühle mich aber häufig immer noch müde. Inzwischen kann ich damit leben. Wichtiger ist, dass ich seit Langem keine Anfälle mehr habe. Carolin nutzte während des Studiums Möglichkeiten des Nachteilsausgleichs. Dabei handelt es sich um Maßnahmen, die Studierende mit einer chronischen Erkrankung oder einer Behinderung in Anspruch nehmen können. Möglich ist es zum Beispiel, einen Härtefallantrag zu stellen, um schneller einen Studienplatz zu bekommen, als es ohne Handicap der Fall wäre. Unter anderem werden Krankheitszeiten während der Schulzeit auf die Abiturnote und somit auf den Numerus clausus bestimmter Studienfächer angerechnet. Zudem gibt es Sonderregelungen während des Studiums, etwa:

  • mehr Zeit bei Klausuren, wenn die Konzentrationsfähigkeit eingeschränkt ist,
  • die Möglichkeit mündlicher statt schriftlicher Prüfungen,
  • Fristverlängerungen für Haus- oder Prüfungsarbeiten oder bei krankheitsbedingten Ausfällen in Prüfungszeiträumen.

Rechte einfordern

Mehr Zeit für meine Klausuren zu haben, hilft enorm, berichtet Carolin, man bekennt sich dann zwar zu einer Erkrankung, wenn man als einzige von über 200 Studenten bei einer Prüfung länger sitzen bleiben darf. Doch lohnt es sich auf jeden Fall, seinen Traum vom Studium zu verwirklichen und sich dabei unterstützen zu lassen. Viele wissen zum Beispiel nicht, dass sie einen Rechtsanspruch auf einen Ausgleich haben. Wichtig: Auch wenn Regelungen zwischen Studierendem und Dozent in Einzelfällen möglich sind, muss ein Nachteilsausgleich beim Prüfungsamt beantragt und durch ein ärztliches Attest oder einen Schwerbehindertenausweis belegt werden. An jeder Hochschule dürfte es einen Beauftragten für Behinderte geben, der bei der Antragsstellung behilflich ist. ag