chronisch krank: Mit Grenzen leben lernen

Eigentlich ist die Pubertät schon verwirrend und anstrengend genug. Wenn dann noch eine chronische Erkrankung hinzukommt, kann das für Teenager zu einer enormen Belastungsprobe werden. Anna Fischer und ihr 14-jähriger Sohn Luca haben gemeinsam einen Weg gefunden.

Anfangs fand ich die Vorstellung super, nicht in die Schule zu müssen, erinnert sich Luca an die Zeit vor zweieinhalb Jahren, als die Anfälle begannen. Dann aber musste ich dauernd zu medizinischen Untersuchungen. Das war nicht mehr lustig. Die Diagnose: Fokale epileptische Anfälle aufgrund einer Dysplasie im Gehirn. Meine Mutter hat mir erklärt, dass es sich um eine Art kleine Vernarbung in meinem Kopf handelt und ich deshalb manchmal die Aussetzer habe, berichtet der Junge.

Zum Glück behält er bei den Anfällen das Bewusstsein und weiß inzwischen, wie er sie unbeschadet übersteht. Es beginnt häufig mit einem komischen Bauchgefühl, berichtet Luca. Dann rede er plötzlich undeutlich und um ihn herum geschehe alles andere im Eiltempo. Ich konzentriere mich dann und schaue auf die Uhr, denn ich weiß: Nach etwa zwölf Minuten ist alles wieder vorbei.

An die Vernunft appellieren

Heute kommt Luca gut mit seiner Erkrankung zurecht. Aber das sei nicht immer so gewesen, sagt seine Mutter Anna Fischer: Am Anfang war er oft frustriert und hat nicht verstanden, warum er regelmäßig Medikamente nehmen muss und nicht mehr spontan bei Freunden übernachten kann. Sie habe dann versucht, ihm alles genau zu erklären und an seine Vernunft zu appellieren – nicht immer einfach bei einem Teenager.

Dabei kann Anna Fischer auf Erfahrungen aus ihrem Berufsleben zurückgreifen: Sie arbeitet als Arzthlferin in einer neuropädiatrischen Ambulanz und erlebt täglich, wie schwer eine chronische Erkrankung für Kinder und Jugendliche sein kann. Luca habe glücklicherweise bald verstanden, dass eine effektive Behandlung ihm hilft. Viele andere Jugendliche aber rebellierten gegen die Einschränkungen, die Krankheit und Therapie mit sich bringen. Anna Fischer: Dann muss so mancher Konflikt ausgetragen werden.

Streit ist programmiert

Sportarten wie Schwimmen oder ein Diskobesuch können in einigen Fällen verboten sein. Alkoholische Getränke sind für Epilepsiepatienten tabu. Das zu akzeptieren, sei für Jugendliche nicht leicht, sagt Fischer. Sie wollen mit ihren Freunden mithalten und Grenzen austesten – da sind die Medikamente oft im Weg. Wenn es sich dann auch noch um Tabletten mit Nebenwirkungen handelt, sei besonders viel Überzeugungsarbeit notwendig.

Auch Luca litt zweitweise unter starken Nebenwirkungen: Bei einem Medikament habe ich mich furchtbar schlecht gefühlt und mich stundenlang heulend im Bett verkrochen. Ich habe überhaupt nicht verstanden, was mit mir los ist, sagt der Teenager. Dann hat mir meine Mutter erklärt, dass das Gefühlschaos von den Tabletten kommt, und wir haben sie gewechselt. Anschließend ging es mir viel besser.

Kinder und Eltern aufklären

Und was ist das Wichtigste im Umgang mit Kindern und Jugendlichen, die an einer chronischen Erkrankung leiden? Für Anna Fischer ist die Antwort klar: Es geht nichts über positive Unterstützung und ausführliche Aufklärung – sowohl der Kinder als auch der Eltern. Je besser alle über die Krankheit, die Therapie und ihre möglichen Auswirkungen informiert sind, desto sicherer fühlen sich die Betroffenen. ag