Polyneuropathien: Was tun bei Infekten?

Bei entzündlichen Polyneuropathien greift das eigene Immunsystem die Nervenzellen an. Wie sinnvoll ist es in dieser Situation, die Abwehrkräfte zu stärken, um sich gegen Erkältungen und andere Infektionen zu schützen?

In der kalten Jahreszeit wird oft empfohlen: Stärken Sie Ihr Immunsystem, denn so beugen Sie Krankheiten vor! Bei einem gesunden Menschen mag dieser Rat geeignet sein – trägt ein starkes Immunsystem doch dazu bei, sich vor Viren und Bakterien zu schützen und Infekte zu vermeiden.

Doch was können Menschen tun, deren Immunsystem außer Kontrolle geraten ist und sich gegen den eigenen Körper richtet? Diese Frage stellen sich etwa Patienten, die an einer chronisch entzündlichen Polyneuropathie leiden, zum Beispiel einer Chronisch Inflammatorisch Demyelinisierenden Polyradikuloneuropathie (CIDP). Ein durch Medikamente gestärktes Immunsystem könnte, so fürchten sie, Nervenstrukturen erst recht angreifen und schädigen.

Vorsicht bei Selbstmedikation

Das kann in der Tat passieren, sagt Professor Jens Schmidt, Neurologe an der Universitätsklinik Göttingen. Die Einnahme rezeptfreier, immunstimulierender Mittel, beispielsweise Echinacea, kann kontraproduktiv sein. Zwar lassen die Erkältungssymptome möglicherweise nach, aber durch die ›falsche‹ Immunantwort gibt es neue Nervenschäden und entsprechende Beschwerden.

Professor Schmidt empfiehlt, mit dem behandelnden Arzt zu besprechen, was bei akuten Infekten, aber auch zur Prävention getan werden kann. Oft können Vitamine und Spurenelemente wie Zink oder Selen dabei helfen, den Kampf gegen Krankheitserreger zu gewinnen. Und Arzneimittel wie Paracetamol oder Ibuprofen wirken bei Schmerzen und Fieber, so der Neurologe. Gegen schwere bakterielle Infektionen muss häufig ein Antibiotikum gegeben werden – vor allem dann, wenn die CIDP bereits Atemprobleme hervorruft und diese durch einen Infekt verschlimmert werden.

Therapie regelmäßig überprüfen

Immunglobuline, die zur Linderung der Symptome entzündlicher Polyneuropathien beitragen, dürfen während der Behandlung einer Erkältung und vieler anderer Infekte weitergegeben werden, sagt Schmidt. Im Unterschied zu Immunsuppressiva: Solche Medikamente werden bei Autoimmunerkrankungen gegeben, um das Immunsystem zu unterdrücken und fehlgesteuerte Angriffe auf den eigenen Körper zu vermeiden. Ein durch diese Behandlung gedrosseltes Immunsystem kann für die CIDP zwar von Vorteil sein, der Patient ist jedoch von Grund auf anfälliger für Infekte, sagt Schmidt. Daher rät er, eine immunsuppressive Therapie der entzündlichen Polyneuropathie regelmäßig zu überprüfen und dabei Vor- und Nachteile gegeneinander abzuwägen.

Impfen ist wichtig

Und noch etwas ist Professor Schmidt wichtig: Eine Impfung, sei es gegen Grippe, Keuchhusten oder Tetanus, stellt einen dauerhaften Schutz vor Krankheiten dar. Das ist insbesondere für Patienten mit einer chronischen Erkrankung wichtig, um Infektionen zu vermeiden, die den Körper zusätzlich belasten oder sogar gesundheitliche Schäden zur Folgen haben. ag