Parkinson: Wir blicken positiv nach vorne!

Ralph Lange hat mit 41 Jahren die Diagnose Parkinson erhalten. Doch er ließ sich seine Zuversicht nicht nehmen.

Es begann ausgerechnet, als er mitten im Familienleben angekommen war: Ralph Lange, damals 41 Jahre alt, hatte sich gerade drei Monate Elternzeit für die zweite Tochter genommen und plante mit seiner Frau Carola ein drittes Kind. In dieser Zeit bemerkte er, dass ihm das Zähneputzen mit der rechten Hand nicht mehr so einfach wie gewohnt gelang. Aber ich wollte sowieso die elektrische Zahnbürste wieder rauskramen – damit war das Thema erledigt, erzählt er rückblickend. Doch dann fiel ihm auf, dass auch seine Handschrift nicht mehr so flüssig war. Er schob es darauf, dass er das schnelle Schreiben mit der Hand während der Elternzeit einfach verlernt habe – schließlich arbeitete er gerade nicht und war aus der Übung. Zurück im Job in der IT-Koordination einer Krankenkasse merkte er aber, dass er auch die Tastatur mit seiner rechten Hand nur noch mit Mühe bedienen konnte. Das war der Moment, in dem ich begriff, dass etwas nicht stimmt, sagt Lange. Einen Monat und viele ärztliche Untersuchungen später erhielt er die sichere Diagnose: Parkinson. An dem Tag sind einige Tränen bei meiner Frau und mir geflossen, erzählt er, aber ich habe ganz schnell gesagt: Man stirbt nicht daran! Inzwischen ist das drei Jahre her und der Familienvater hat seinen optimistischen Blick behalten.

Vorbeugendes Training

Bei mir verläuft die Krankheit zum Glück bislang milde und ich leide nicht unter Zittern, sagt Lange, der präventiv viel Sport treibt und sich von einer Logopädin behandeln lässt. Seine größte Angst ist, in Bewegung und Sprache irgendwann stark eingeschränkt zu sein.

Fröhliches Umfeld

Der offene Umgang mit seiner Krankheit ist Lange wichtig. Er engagiert sich in einer Selbsthilfegruppe für jung erkrankte Parkinsonpatienten und hat eine eigene Facebookseite mit aktuellen Informationen erstellt. Nachbarn, Kollegen, Freunde und Bekannte wussten von Anfang an Bescheid. Am meisten Halt geben ihm Menschen, die ihm positiv und fröhlich begegnen: Ich kann keine Leute um mich herum gebrauchen, die sich von meiner Diagnose so schockiert zeigen, dass ich sie trösten muss, sagt Lange. Obwohl alle Kollegen von der Erkrankung wissen, fällt es ihm manchmal schwer, zu den inzwischen deutlichen Krankheitsanzeichen zu stehen. Er gilt aufgrund der eingeschränkten Feinmotorik zu 30 Prozent als schwerbehindert. Im Grunde kann er seine Aufgaben zwar wie gewohnt erledigen und fühlt sich als Teil des Teams, jedoch verschlimmern sich stets die Symptome, sobald er Stress verspürt. Auf ein drittes Kind haben seine Frau und er schweren Herzens verzichtet – aber sonst versuchen wir, so normal wie möglich weiterzuleben, sagt der heute 44-Jährige.

Aufkleber am Portemonnaie

Es ist ein bewussteres Leben, in dem er so viel Zeit wie möglich mit seinen Töchtern verbringt und sich viele Gedanken macht. Etwa darüber, welche Hilfsmittel sich anbieten, wenn sein Arm noch unbeweglicher wird: spezielle Schnürsenkel mit Gummizug zum Beispiel, die man nicht mehr binden muss. Oder darüber, wie er Menschen in bestimmten Situationen über seine Bewegungseinschränkung aufklären kann: mit einem Aufdruck auf dem Portemonnaie oder einem Schriftzug vom Parkinson-Verband auf dem Sportshirt. Sein großes Vorbild ist der seit 1991 an Parkinson erkrankte Schauspieler Michael J. Fox, der noch immer vor der Kamera steht. Aber es gibt auch Momente, in denen Ralph Lange melancholisch wird. Wenn ich einen Rentner Cabrio fahren sehe, frage ich mich schon, ob mir das wohl auch vergönnt sein wird, erzählt er. An Tagen, an denen ihm seine Hand zu schwerfällig erscheint, zögert er manchmal, mit den Kollegen in die Kantine zu gehen. Doch sein Motto ist klar: Flucht nach vorne! Dann fragt er die anderen beim Essen: Und, sieht man schon was? Bislang war die Antwort immer Nein. Langes größte Hoffnung ist, dass es noch viele Jahre so bleibt.

nk