Parkinson: Sport kann Schmerzen lindern

Parkinsonpatienten klagen häufig über Rückenschmerzen. Was Betroffene selbst gegen ihre Beschwerden tun können und wann der Gang zum Orthopäden sinnvoll ist, erläutert der Neurologe Dr. Heinz Herbst.

Herr Dr. Herbst, warum leiden Parkinsonpatienten so häufig unter Rückenschmerzen?

Parkinson löst in der Regel eine stärkere Muskelspannung aus. Diesen erhöhten Muskeltonus nehmen die Patienten als Schmerz wahr. Häufig spüren sie ihn im Umfeld der Körperachse, also entweder in der Nackengegend oder im Bereich der Lendenwirbelsäule. Es handelt sich also nicht um Rückenschmerzen im landläufigen Sinn.

Was können Betroffene tun, um ihre Beschwerden zu lindern?

Grundsätzlich rate ich Patienten, frühzeitig sportlich aktiv zu werden. Kräftigungs- und Dehnungsübungen können sehr viel bewirken. Um Verspannungen zu lindern, eignen sich auch Physiotherapie und Massagen. Wenn diese Maßnahmen nicht ausreichend greifen, muss man Schmerzmittel einsetzen, um die Muskelspannung etwas zu dämpfen und Fehlhaltungen zu vermeiden.

Wie oft sollten sich Parkinsonpatienten körperlich betätigen, und welche Sportarten eignen sich besonders gut?

Wenn sich der Patient dazu in der Lage fühlt, empfehle ich, zwei bis drei Mal pro Woche jeweils 30 bis 45 Minuten sportlich aktiv zu sein. Aber auch mit zwei Mal 15 Minuten lässt sich viel bewirken. Untersuchungen zeigen, dass insbesondere Thai Chi, Qi Gong, aber auch Tangotanzen, Nordic Walking und Karate positive Wirkung bei Parkinson zeigen. Außerdem sollte täglich ein kleiner Spaziergang auf dem Programm stehen: Damit kann man einer Muskelverkürzung schon sehr gut vorbeugen.

Welche Bewegungen und Belastungen sollte man vermeiden?

Sportarten, die den Gleichgewichtssinn besonders herausfordern, sind für Parkinsonpatienten häufig eher schwierig. Bei vielen von ihnen ist gerade dieser Sinn gestört. Es gibt jedoch keine Aktivitäten, von denen ich prinzipiell abrate. Die Patienten sollten alles ausprobieren, was ihnen Spaß macht. Empfehlenswert und sehr motivierend sind spezielle Parkinson-Sportgruppen: Dort fühlen sich viele Betroffene gut aufgehoben, sie können sich austauschen und gleichzeitig gemeinsam körperlich aktiv sein.

Und wenn die Schmerzen dennoch wieder auftreten oder sogar stärker werden?

Dann gibt es verschiedene Stufen der Schmerztherapie. Manchmal ist eine Intensivbehandlung in einer speziellen Fachklinik angezeigt. Im fortgeschrittenen Stadium entwickeln einige Patienten eine starke Fehlhaltung mit nach vorn gebeugtem Oberkörper. Wenn es dadurch bereits zu einer degenerativen Wirbelsäulenveränderung gekommen ist, ist eine vollständige Korrektur nicht mehr möglich. In solchen Fällen kann zum Beispiel ein Korsett die richtige Lösung sein. Operative Eingriffe halte ich nur dann für sinnvoll, wenn die Beschwerden durch orthopädische und nicht durch neurologische Veränderungen bedingt sind, wenn die Parkinsonerkrankung also nicht der Auslöser ist. Deren Ursache lässt sich ja nicht wegoperieren. nk

Dr. med. Heinz Herbst
Niedergelassener Neurologe in Stuttgart