Parkinson: Aus dem Stimmungstief klettern

Nahezu jeder zweite Parkinsonpatient leidet im Laufe seiner Erkrankung auch an einer Depression. Je nach Art der Beschwerden helfen Antidepressiva, Psychotherapie und eine neu angepasste Parkinsonmedikation.

Die Niedergeschlagenheit kam unerwartet: Vier Jahre nach ihrer Parkinsondiagnose fühlte sich die sportliche, zuvor meist optimistische und gutgelaunte 55-jährige Marion Müller* zunehmend bedrückt. Nicht nur, dass sie sich aufgrund ihrer Krankheit schlechter bewegen konnte – nun litt sie auch noch unter Traurigkeit und Hoffnungslosigkeit, die ihr selbst unheimlich wurden. Als die Patientin in diesem Zustand in meine Praxis kam, habe ich ihr zum ersten Mal den Parkinson richtig angesehen. Sie schien wie ausgewechselt zu sein und war völlig verzweifelt, berichtet der in Neusäß niedergelassene Neurologe Dr. Robert Pfister. Er diagnostizierte eine Depression.

Zellverlust oder psychologische Reaktion

Bei 40 bis 50 Prozent der Parkinsonpatienten treten Depressionen auf. Es gebe nicht nur eine Vielzahl von Auslösern, sagt Dr. Pfister, sondern auch unterschiedliche Möglichkeiten für die Ursache. Bei Parkinson handelt es sich um eine neurodegenerative Erkrankung, die mit zunehmendem Zellverlust im Gehirn einhergeht. Davon können auch Regionen im Gehirn betroffen sein, die mit Depressionen in Zusammenhang stehen. Manchmal zeige sich die Depression sogar schon vor der Parkinsondiagnose. Andererseits sei Parkinson eine chronische Erkrankung, die auch das Gemüt belaste – deshalb könne eine Depression auch als psychologische Reaktion auf die Diagnose oder den Krankheitsverlauf auftreten.

Sonderfall On-Off-Fluktuation

In einigen Fällen gebe es einen direkten Zusammenhang zwischen der Wirkung der Parkinsonmedikamente und den depressiven Phasen. Tückisch ist in diesen Fällen die On-Off-Fluktuation, sagt der Experte aus Neusäß. Sobald die Wirkung von Parkinsonmedikamenten nachlässt, verschlechtert sich gerade bei Patienten mit einer Depression rapide die Stimmung – bis hin zu Panikattacken. Dr. Pfister: In diesen Fällen gilt es, die Off-Phasen zu verhindern, etwa mithilfe von Apomorphin-Pens, die Patienten bei Bedarf sofort subkutan spritzen können.

Um eine Depression zielgerichtet behandeln zu können, sei eine fachärztliche Diagnose und Beratung unabdingbar, sagt Dr. Pfister. In den meisten Fällen werden Depressionen bei Parkinsonpatienten genauso behandelt wie bei Betroffenen ohne Parkinson, nämlich mithilfe von Psychotherapie und Antidepressiva.

Parkinsonbehandlung optimieren

Manchmal wirkt sich aber auch eine Änderung der Parkinsonmedikation positiv aus. So war es bei Marion Müller: Nachdem sie lange Zeit ohne Präparate ausgekommen war, erhält sie nun Levodopa. Die Depression ist überwunden und auch die Beweglichkeit hat sich verbessert. Inzwischen hat sich die Patientin bei einem Kletterkurs für Parkinsonpatienten angemeldet und gerade dadurch neuen Lebensmut gefasst, berichtet Dr. Pfister. Er rät allen Betroffenen, ihre Stimmungsschwankungen ernst zu nehmen, behandeln zu lassen – und zusätzlich auf einen bewussten, ausgeglichenen Lebensstil mit viel Bewegung zu achten. nk

* Name von der Redaktion geändert.