Gehirn und Ernährung: Fitnessfutter fürs Gehirn
Keine Frage, Schokolade ist gut für die Nerven. Doch wer seine Hirnzellen so richtig verwöhnen und auf Trab bringen will, sollte auf andere Lebensmittel setzen: Müsli, Obst und fetter Fisch bringen Schwung ins Oberstübchen.
Die schlechten Nachrichten zuerst: Niemand futtert sich klüger, als er ist. Auf die Intelligenz hat die Ernährung keinen Einfluss. Weisheit lässt sich eben doch nicht mit Löffeln essen. Ebenso wenig ist das, was wir tagtäglich zu uns nehmen, ein Garant dafür, dass das Gehirn ein Leben lang gesund bleibt. Noch weniger kann es ein erkranktes Organ auf Dauer heilen.
Und doch lässt sich mit der richtigen Ernährung und Lebensweise eine Menge dafür tun, dass das Gehirn optimal versorgt ist und somit auch bestmöglich arbeitet
, sagt Gunter Eckert, Professor für Ernährung in Prävention und Therapie an der Universität Gießen. Brainfood, also Nahrung fürs Gehirn, bringt die grauen Zellen auf Trab. Und während sich die Leistung des Gehirns mithilfe von Pillen allenfalls kurzfristig steigern lässt, kann man dem Denkorgan mit einer ganzen Reihe von Lebensmitteln dauerhaft auf die Sprünge helfen.
Durchblutung verbessern
Damit Brainfood seine Wirkungen entfalten kann, sind allerdings zwei Dinge wichtig
, so Eckert. Erstens muss man ausreichend trinken, zweitens sich regelmäßig bewegen.
Denn nur dann wird das Gehirn so stark durchblutet, dass all die guten Bestandteile des Essens auch zu ihm gelangen. Gerade für Menschen, die sich aufgrund einer neurologischen Erkrankung vermehrt in geschlossenen Räumen aufhalten, ist es sehr wichtig, auf ausreichend Flüssigkeit und Bewegung zu achten
, sagt Eckert.
Anderthalb bis zwei Liter Flüssigkeit am Tag sollten es sein, am besten in Form von Wasser, ungesüßten Tees und Saftschorlen. Plus eine halbe Stunde Bewegung, vorzugsweise an der frischen Luft – und zwar so, dass der Puls zumindest ein bisschen nach oben geht. Dadurch wird das Gehirn nicht nur stärker durchblutet, es werden auch Substanzen ausgeschüttet, mit deren Hilfe sich die Nervenzellen besser vernetzen
, sagt der Ernährungsexperte.
Wichtige Energie
Wie jedes Organ braucht das Gehirn natürlich Energie. Rund ein Fünftel der täglich aufgenommen Kalorien dienen dazu, das Gehirn mit Brennstoff in Form von Glukose zu versorgen. Wer allerdings in einer Prüfung auf die berühmten Traubenzuckerwürfel setzt, könnte enttäuscht werden
, so Eckert. Denn der Energiekick durch die schnell verwertbare Glukose hält höchstens eine halbe Stunde an. Danach besteht die Gefahr, in ein Konzentrationsloch zu fallen. Einen ähnlichen Effekt haben Süßigkeiten.
Viel gleichmäßiger wird das Gehirn mit Energie beliefert, wenn wir komplexe Kohlenhydrate, also langkettige Zuckermoleküle, zu uns nehmen, die vom Körper nach und nach zu Glukose abgebaut werden
, weiß Eckert. Komplexe Kohlenhydrate, von denen der bekannteste Vertreter die Stärke ist, stecken vor allem in Vollkornprodukten, Hülsenfrüchten und Gemüse. Für einen guten Start in den Tag sollte das Frühstück Eckert zufolge daher stets ein, zwei Scheiben Vollkornbrot oder ein Müsli beinhalten.
Hülsenfrüchte wie Erbsen, Bohnen und Linsen sind nicht nur wertvolle Energielieferanten, sie enthalten darüber hinaus besonders hochwertige Proteine. Deren Baustoffe, die Aminosäuren, benötigt das Gehirn, um daraus Botenstoffe wie beispielsweise das Glückshormon Serotonin zu bilden. Milchprodukte, mageres Fleisch und Fisch stecken ebenfalls voller wichtiger Proteine.
Fettsäuren für die grauen Zellen
Fisch, und zwar vor allem fetter Seefisch wie Lachs, Hering oder Makrele, sollte ohnehin nach Möglichkeit gleich zweimal wöchentlich auf dem Speiseplan stehen. Nur dann wird der Körper optimal mit Omega-3-Fettsäuren versorgt
, sagt Eckert. Diese langkettigen, mehrfach ungesättigten Fettsäuren – wichtigste Vertreter sind die Eicosapentaensäure (EPA) und die Docosahexaensäure (DHA) – werden vor allem in den Membranen der Gehirnzellen benötigt. Also dort, wo die Übertragung und Speicherung von Informationen erfolgt: Studien haben gezeigt, dass das Gedächtnis von Senioren, die oft Fisch essen, besser funktioniert als das von Gleichaltrigen, die keinen Fisch zu sich nehmen
, erklärt Eckert.
Wer für den Verzehr von Meerestieren so gar nichts übrig hat, sollte auf Raps-, Walnuss- oder Leinöl ausweichen und beispielsweise seinen Salat damit anreichern. Diese Öle, die allesamt nicht gut zu erhitzen und damit zum Kochen eher ungeeignet sind, enthalten relativ große Mengen Alpha-Linolensäure, kurz ALA ge-nannt. Und diese kann der Körper zumindest in begrenztem Maße in EPA umwandeln. Auch Nüsse sind eine gute Quelle für Linolensäure.
Eine weitere Alternative zu echtem Fisch sind Fischöl- oder Algenölkapseln. Allerdings entfalten diese DHA-haltigen Nahrungsergänzungsmittel ihre Wirkung nur dann, wenn man sie zum richtigen Zeitpunkt schluckt: Wichtig sei laut Eckert, dass die Kapseln zusammen mit einer Hauptmahlzeit eingenommen werden. Denn nur dann nehme man so viel Fett auf, dass im Magen-Darm-Trakt fettspaltende Enzyme gebildet würden. Wer hingegen gleich morgens nach dem Aufwachen zu den Kapseln greift, darf sich nicht wundern, wenn er sie wenig später unverdaut wieder ausscheidet.
Positiver Einfluss
Für Menschen mit neurologischen Erkrankungen scheinen Omega-3-Fettsäuren eine besonders wichtige Rolle zu spielen. Studien zeigen, dass EPA zum Beispiel den Verlauf einer Schizophrenie positiv beeinflussen kann; schizophrene Episoden traten unter ihrem Einfluss seltener auf und die Symptome wurden abgeschwächt
, sagt Eckert. Zudem unterstützen die langkettigen Fettsäuren eine medikamentöse Therapie von Depressionen und ADHS. Auch scheint eine gute Versorgung mit EPA und DHA zu einem gewissen Grad vor Alzheimer zu schützen.
Vitamine für alle Lebenslagen
Eine weitere für das Gehirn wichtige Substanz, die zumindest vegetarisch oder gar vegan lebende Menschen womöglich in Tablettenform zu sich nehmen sollten, ist das Vitamin B12, das ausschließlich in tierischen Lebensmitteln steckt. Denn kommt es zu einem Vitamin-B12-Mangel, schwächt das die Gedächtnisleistung.
Gut versorgt sind die meisten Menschen mit den Vitaminen B6, C und E, auf die das Gehirn ebenfalls angewiesen ist. Anders sieht es bei der Folsäure aus, die für die Bildung neuer Nervenzellen unerlässlich ist. Das B-Vitamin kommt vor allem in grünem Blattgemüse wie Kohl oder Spinat vor. Beim Kochen wird es jedoch relativ rasch zerstört. Vor allem Frauen, die eine Schwangerschaft planen, sollten das Vitamin daher frühzeitig in Tablettenform einnehmen, da es bei dem ungeborenen Kind ansonsten zu neurologischen Fehlbildungen kommen kann.
Obst und Gemüse sind nicht nur gute Lieferanten für eine Vielzahl von Vitaminen. Mindestens ebenso wertvoll sind die in ihnen enthaltenen sekundären Pflanzenstoffe. Flavonoide zum Beispiel, die vor allem in Beerenfrüchten, Oliven und grünem Tee stecken, aktivieren Gene, mit denen sich die Gehirnzellen vor oxidativem Stress schützen. Darüber hinaus ermöglichen Flavonoide eine störungsfreie Arbeit der zelleigenen Kraftwerke, den Mitochondrien. Somit sind sie für die Energiegewinnung des Gehirns essentiell. Ähnliche Effekte haben übrigens auch Polyphenole, die sich in Kaffee oder dunkler Schokolade finden.
Dem Gehirn zuliebe
Das Gehirn optimal zu versorgen, ist also gar nicht allzu schwer: Wer sich ausreichend bewegt, viel trinkt, sich ausgewogen ernährt, sprich regelmäßig Obst, Gemüse und Vollkornprodukte zu sich nimmt, und darüber hinaus möglichst zweimal in der Woche Fisch isst, hat eigentlich schon alles getan, um sein wichtigstes Organ bei Laune zu halten. ab