Gehirn & Ernährung: Ketogene Diät – Schmierstoff für die Nervenzellen

Viel Fett, wenig Zucker: Kinder mit Epilepsie profitieren oft von einer ketogenen Diät. Nun mehren sich die Anzeichen, dass diese Art, sich zu ernähren, auch bei anderen neurologischen Leiden hilft.

Gewöhnlich bezieht das Gehirn seine Energie aus Glukose. Nicht so bei der ketogenen Diät: Wer sich überwiegend von fettigen Speisen ernährt und auf Kohlenhydrate weitgehend verzichtet, stellt bei der Verdauung kaum Glukose her. Stattdessen produziert er – ähnlich wie im Hungerzustand, wenn die körpereigenen Fettreserven abgebaut werden – Ketone, die das Gehirn mit Energie versorgen.

Schon lange gilt die ketogene Diät als eine geeignete Therapie für Kinder mit Epilepsie, die auf Medikamente nicht gut ansprechen. Studien haben gezeigt, dass sich durch diese Art der Ernährung, die das Fasten imitieren soll, nicht nur die Häufigkeit, sondern auch die Schwere epileptischer Anfälle verringern lässt.

Schützende Wirkung

Wie genau Ketone ihre schützende Wirkung im Gehirn entfalten, ist noch unklar. Offensichtlich belasten die Ketonkörper die Nervenzellen weniger, als es die Glukose tut, sagt Professor Dr. Markus Schwaninger vom Institut für Experimentelle und Klinische Pharmakologie und Toxikologie der Universität Lübeck. Vermutlich entstehen beim Abbau der Ketone weniger freie Radikale und andere aggressive Substanzen.

Denkbar ist auch ein weiterer Schutzmechanismus: Ketone blockieren im Gehirn wahrscheinlich einen Rezeptor, über den Entzündungsreaktionen gesteuert werden, sagt Schwaninger. Wir vermuten, dass sie auf diese Weise entzündliche Prozesse lindern.

Auch bei Multiple Sklerose sinnvoll?

Womöglich können daher Patienten mit Multipler Sklerose, aber auch Menschen mit Migräne oder neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer und Parkinson, ebenfalls von einer ketogenen Diät profitieren. In Untersuchungen an Mäusen zeigten Wissenschaftler bereits, dass eine fettreiche und zuckerarme Ernährung den Verlauf der MS positiv beeinflusst.

Forscher um Dr. Markus Bock von der Berliner Charité haben nun in einer ersten Studie am Menschen untersucht, inwieweit die Ernährung sich auf die Lebensqualität von MS-Patienten auswirken kann. Dazu teilten sie 60 Probanden in drei Gruppen ein. Die erste Gruppe erhielt sechs Monate lang eine gewöhnliche Mischkost. Die zweite musste sieben Tage lang fasten und erhielt danach die gleiche Kost wie die erste Gruppe. Die dritte Gruppe ernährte sich ein halbes Jahr lang ketogen. Während der gesamten Studiendauer ermittelten Bock und sein Team mithilfe eines Fragebogens die Lebensqualität der Probanden.

Dabei stellte sich heraus, dass sowohl das Fasten als auch die ketogene Diät zu einer spürbaren Verbesserung der Lebensqualität führte. Darüber hinaus wirkte sich die ketogene Diät sogar positiv auf die Blutfettwerte der Teilnehmer aus. Die Forscher wollen ihre Studie nun mit einer größeren Patientenzahl wiederholen, bei der die Effekte auf das Gehirn auch mit bildgebenden Verfahren untersucht werden sollen.

Noch ist nicht bewiesen, dass die ketogene Diät bei anderen neurologischen Erkrankungen als der Epilepsie hilfreich ist, sagt der Lübecker Neurologe Schwaninger. Aber nichts spreche dagegen, in Absprache mit dem Arzt selbst auszuprobieren, ob man sich durch eine Ernährungsumstellung besser fühlt als mit Medikamenten allein. ab