Parkinson: Wie Schlaf das Hirn schützt
Zu wenig oder schlechter Schlaf kann langfristig schädlich für das Gehirn sein. Denn während wir ruhen, entsorgt die körpereigene Müllabfuhr
schädliche Proteinablagerungen. Diese stehen im Verdacht, neurodegenerative Erkrankungen wie Parkinson oder Alzheimer zu fördern.
Das Gehirn des Menschen hat einen besonders hohen Energiebedarf. Obwohl es nur etwa zwei Prozent des Körpergewichts ausmacht, beansprucht es rund 20 Prozent des gesamten Grundumsatzes – bei Stress sind es sogar noch mehr. Bei einem derart hohen Verbrauch fällt auch eine große Menge schädlicher Abbauprodukte an.
Gehirn arbeitet auch nachts
Um diese Stoffe zu entfernen, verfügt das Gehirn über eine eigene Müllentsorgung
. Dass erst vor wenigen Jahren entdeckte glymphatische System arbeitet in der Nacht auf Hochtouren. Denn im Ruhezustand schrumpfen die Hirnzellen um bis zu 60 Prozent, sodass sich die Zellzwischenräume vergrößern und die Gehirnflüssigkeit besser hindurchfließen kann. Durch diese Abwasserkanäle
werden dann schädliche Proteine und andere zelluläre Abfallprodukte in den Blutkreislauf abtransportiert.
Schädliche Stoffe werden abtransportiert
Ein potentiell toxisches Protein, das über das glymphatische System entsorgt wird, ist zum Beispiel Alpha-Synuklein, das als Auslöser des Parkinson-Syndroms diskutiert wird. Lagert sich das Eiweiß im Gehirn an, bilden sich in den dortigen Nervenzellen sogenannte Lewy-Körperchen. Je weiter die Erkrankung fortschreitet, desto mehr von ihnen finden sich in den Zellen. Über das glymphatische System werden auch Eiweiße wie das Tau-Protein und Beta-Amyloid wegbefördert – ihre Ablagerungen sind charakteristisch für die Alzheimer-Erkrankung.
Schlechter Schlaf kann ein Warnsignal sein
Ein gestörter Schlaf beeinträchtigt das Reinigungssystem des Gehirns. Das gefährdet auf lange Sicht die Gesundheit. Aber Schlafprobleme können auch schon ein erstes Warnsignal für eine neurodegenerative Erkrankung sein. So zeigen Hirnscans von Menschen mit Störungen der sogenannten REM-Schlaf-Phase, dass sich bei ihnen das Protein Alpha-Synuklein in den Nervenzellen anreichert. Viele Betroffene entwickeln innerhalb weniger Jahre eine Parkinson-Erkrankung.
Schlafstörungen abklären lassen
Mangelnde Nachtruhe hemmt nicht nur die Beseitigung schädlicher Abbauprodukte, sie kann auch die körperlichen Symptome von Parkinson-Patienten sowie deren kognitive Fähigkeiten verschlechtern. Tritt Tagesmüdigkeit auf, so leidet darunter auch die Lebensqualität der Betroffenen. Grundsätzlich sollte jeder, der mindestens sechs Wochen unter Schlafstörungen leidet, diese abklären lassen
, sagt der Neurologe Dr. Christoph Schenk aus Osnabrück. Dabei spiele es keine Rolle, ob eine Grunderkrankung vorliege.
Lautes Schnarchen oder Atemaussetzer in der Nacht können beispielsweise die Folge eines Schlafapnoe-Syndroms sein. Bleibt es unbehandelt, kommt es nicht selten zu Bluthochdruck, Schlaganfall und Herzinfarkt.
Ausgeprägte Schlafstörungen sowie Ein- und Durchschlafstörungen und Tagesmüdigkeit sollten, so Schenks Plädoyer, unbedingt von einem Facharzt untersucht werden.
Den Schlaf positiv beeinflussen
Bei Schlafproblemen sind manchmal schon einfache Maßnahmen wirksam. So reicht es bei vielen Betroffenen bereits aus, die Schlafhygiene zu verbessern (Anm. d. Red.: siehe Kasten) oder die Ernährung umzustellen, indem weniger Zucker und Kohlenhydrate auf den Tisch kommen
, erklärt Schenk. Entspannungsverfahren, zum Beispiel autogenes Training oder Phantasiereisen, sind weitere wirksame Mittel. Liegen die Schlafprobleme an einer Grunderkrankung, muss diese behandelt werden. Menschen mit Parkinson hilft es häufig schon, wenn sie L-Dopa möglichst kurz vor dem Schlafengehen einnehmen oder notfallmäßig in der Nacht. Ist der Harndrang nachts verstärkt, sollte man nach 19 Uhr nicht mehr trinken. Auch kann die Psyche eine Rolle spielen. ak