Epilepsie: Auszeit ohne Scheuklappen

Eltern von Kindern mit Epilepsie oder anderen Beeinträchtigungen müssen bei ihrer Urlaubsplanung verschiedene Bedürfnisse berücksichtigen. Das kranke Kind hat spezielle Ansprüche, die Geschwister möchten auch Spaß haben – und die Eltern brauchen dringend Erholung. Der Tjarkshof in Friedrichskoog an der Nordsee hat sich genau dies auf die Fahnen geschrieben.

Tiere können Wunder bewirken: Diese Erfahrung macht Silke Baumgarten, Leiterin des Ferienhofs Tjarkshof in Friedrichs-koog, immer wieder. Seit 1999 bietet sie therapeutisches Reiten als Urlaubserlebnis für Kinder mit und ohne Behinderung an. Dabei ist es ihr besonders wichtig, dass die Kinder sich schnell in die Gruppe mit anderen jungen Feriengästen integrieren, in der sie, ohne schräge Blicke zu bekommen, sie selbst sein dürfen. Fernab des Alltags sollen die Kinder neue Erfahrungen machen – ganz gleich, ob und welche Beeinträchtigungen sie haben. In der Regel gelinge das rasch, berichtet Silke Baumgarten: Die Kinder finden über unsere Pferde und Hunde ganz schnell Zugang zu uns und den anderen Kindern, egal wie krank sie sind und ob sie sprechen können oder nicht. Das Reiterhof-Team verbringt täglich fünf Stunden mit den Kindern, während die Eltern für sich sind und zum Beispiel einen Ausflug zu zweit machen können.

Erlebnisurlaub für alle

Mit unserem Konzept sprechen wir bewusst Eltern an, die normalerweise kaum eine Chance auf einen entspannten Urlaub sehen, sagt Baumgarten. Als diplomierte Sozialpädagogin mit Zusatzausbildung im heilpädagogischen Reiten entwickelte sie vor 18 Jahren ein integratives Bewegungsprogramm. Es umfasst therapeutisches Reiten, Pflege und Beschäftigung mit den Tieren, gemeinsames Essen und Spiele für die Kinder – und möglichst viel Erholung für die Eltern. Umgesetzt hat Silke Baumgarten ihr Konzept zunächst in Portugal, bis es sie 2012 zurück nach Deutschland zog. Zum Tjakshof gehören sechs Ferienwohnungen. Je nach Saison seien bis zu zwölf Kinder gleichzeitig da, sagt Baumgarten.

Vorkehrungen für Epilepsie-Kinder

Dem Reiten stehen manche Eltern von Kindern mit Epilepsie anfangs ein wenig skeptisch gegenüber. Sie befürchten, dass es im Falle eines Anfalls für die Kinder gefährlich werden könnte. Aber schon im telefonischen Vorgespräch können wir die Zweifel meistens ausräumen, berichtet Baumgarten. Nur wenn die Kinder mehrmals täglich Anfälle bekämen, sei ein Urlaub auf dem Tjarkshof tatsächlich weniger geeignet. Ansonsten laufe immer jemand nah beim Kind mit, um es im Notfall auffangen zu können. Dazu aber sei es bislang noch nie gekommen. Uns ist grundsätzlich keine Beeinträchtigung zu heikel und kein Kind zu alt oder zu schwierig, um es teilzunehmen zu lassen, sagt die Sozialpädagogin.

Baumgarten stellt das Betreuungsteam je nach Bedarf zusammen – sie selbst ist immer mit dabei. In Gesprächen mit den Eltern klärt sie vorher, wie sie im Notfall reagieren muss: Wir wissen, wann wir welche Medikamente geben und wann wir die Eltern sofort anrufen sollen – oder auch den Notarzt. Damit es gar nicht erst zu einem Anfall kommt, vermeiden Baumgarten und ihr Team große Hitze, starke Lichtreflexionen und gehen auf die Bedürfnisse der Kinder ein. Grundsätzlich sollten die Eltern immer erreichbar sein und für ihre Tagesausflüge nicht allzu weit ausschwärmen. Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind und die Eltern nach dem Vorgespräch ein gutes Gefühl haben, kann jede Familie bei uns entspannte Ferien verbringen, sagt Baumgarten. nk