Parkinson: Warum Patienten ihren Geruchssinn verlieren

Forscher haben anatomische Abweichungen im Riechkolben von Parkinsonkranken entdeckt, die Aufschluss über die Entstehung der Erkrankung geben.

Der Riechkolben befindet sich nicht, wie so mancher meint, mitten im Gesicht. Es handelt sich dabei vielmehr um eine ovale Ausstülpung im vorderen Bereich des Gehirns, direkt oberhalb der Nasenhöhle. Sie ist das Zentrum für die Aufnahme und Weiterleitung von Geruchsinformationen an weitere Regionen des Gehirns. Weil fast jeder Parkinsonpatient bereits im Anfangsstadium seiner Erkrankung über Störungen oder gar den kompletten Verlust des Geruchssinns klagt, steht der Riechkolben seit Jahren bei Wissenschaftlern in Verdacht, etwas mit der Entstehung von Parkinson zu tun zu haben. Bereits 2008 beobachteten Forscher in Honolulu, dass das Nachlassen des Riechvermögens der Erkrankung um bis zu vier Jahren vorausgehen kann. 2012 fand der Dresdner Neuro-loge Professor Heinz Reichmann bei Versuchen mit Labormäusen Hinweise darauf, dass die Parkinsonkrankheit ihren Anfang tatsächlich im Sinnes-organ Nase nimmt. Unklar war bislang allerdings, warum das so ist.

Jetzt haben Forscher der neuseeländischen University of Auckland und der Max-Planck-Forschungsstelle in Frankfurt eine mögliche Antwort gefunden. In einem aufwändigen 3D-Scanverfahren verglichen sie Gewebeproben von Riechkolben verstorbener Patienten mit und ohne Parkinson. Dabei stellten sie Folgendes fest: An der Stelle, wo sich die Nervenfasern der Riechzellen in der Nasenschleimhaut in knäuelartigen Geflechten mit den Fasern von Nervenzellen im Riechkolben verbinden – es handelt sich um die Schaltzentrale für Geruchssignale zwischen Nase und Gehirn –, zeigten sich deutliche Unterschiede zwischen Kranken und Gesunden. Bei den Parkinsonpatienten beanspruchten die Nervengeflechte, die sogenannten Glomeruli, nur halb so viel Platz, wie bei den nicht erkrankten Personen.

Lösen Schadstoffe im Gehirn Parkinson aus?

Noch können die Wissenschaftler nicht beantworten, ob die Glomeruli bei den Parkinsonbetroffenen geschrumpft oder ob sie weniger geworden sind. Der beobachtete Volumenunterschied bestätigt aber womöglich eine alte Hypothese, derzufolge Umweltfaktoren tatsächlich einen Einfluss auf die Erkrankung haben, denn der untere Teil des Riechkolbens liegt in unmittelbarer Nähe zur Riechschleimhaut der Nase, erklärt Peter Mombaerts, Direktor der Frankfurter Max-Planck-Forschungsstelle für Neurogenetik. Es ist also durchaus möglich, dass die Parkinsonerkrankung mit dem Einatmen von Viren, Schwermetallen oder Pflanzenschutzmitteln beginnt, die über die Nase zum Riechkolben gelangen und zunächst dessen Nervenzellen beschädigen. Die dort allmählich entstehende Krankheit kann sich dann, so die Vermutung der Forscher, in anderen Regionen des Gehirns weiter ausbreiten.

Als Nächstes will das Wissenschaftlerteam herausfinden, welche Nervenzellen im Riechkolben besonders empfindlich auf äußere Einflüsse reagieren. Sie erhoffen sich davon neue Erkenntnisse über die Entstehung von Parkinson. tl