Epilepsie: Erfolg trotz Epilepsie: Eine junge Frau hat ihren Traumberuf gefunden (Offen wie ein Buch)

Im Alter von zwanzig Jahren erkrankte Sarah Elise Bischof an Epilepsie. Trotz immer wiederkehrender Anfälle studierte sie, schrieb ein Buch und teilt heute in ihrem Beruf die Liebe zur Literatur mit anderen Menschen.

Eigentlich wollte sie Kriminalpolizistin werden. Doch dann begannen die Anfälle. Anfangs, da hatte sie gerade ihr Abitur in der Tasche, verlor Sarah Elise Bischof nur kurz das Bewusstsein. Doch wenige Tage nach ihrem zwanzigsten Geburtstag erlitt die junge Frau ihren ersten Grand-mal-Anfall. Ich wachte morgens auf, hatte mich eingenässt und alle Muskeln schmerzten, erzählt die heute 33-Jährige, die im vergangenen Sommer geheiratet hat und seither mit Nachnamen Jørgensen heißt.

Ihr großer Traum, zur Kripo zu gehen, zerplatzte, als im Dezember 2004 die Diagnose feststand. Als Epileptikerin kann ich ja schlecht mit Schusswaffen hantieren, sagt sie. Es folgten schwere Wochen und Monate. Die Medikamente, die ihr die Ärzte verordnet hatten, wirkten nicht richtig. Sarah Elise Bischof erlitt immer wieder Anfälle und traute sich schließlich kaum noch aus dem Haus.

Doch irgendwann beschloss sie, ihr Schicksal wieder selbst in die Hand zu nehmen und eine weitere große Leidenschaft, die Liebe zum Schreiben und zu Büchern, zu ihrem Beruf zu machen. Ich habe als Kind schon kleine Theaterstücke geschrieben und sie dann mit meinen Barbies aufgeführt, erzählt sie. Später kamen Gedichte, Kurzgeschichten und Liedertexte hinzu. Vom Wintersemester 2005 an studierte Sarah Elise Bischof Kulturmanagement und Literaturwissenschaft, zuerst in Kiel, dann in Göteborg und München – immer fernab von Familie und Freunden.

In dieser Zeit hatte ich etwa alle vier Wochen einen Anfall, berichtet sie. Sie passierten überall, an der Uni, in der U-Bahn, auf der Straße. Zum Glück habe sich stets ein Umstehender gefunden, der geholfen und den Notarzt gerufen habe. Es gibt zwar vieles, was ich nicht mehr tun darf, Auto oder Fahrrad fahren zum Beispiel, sagt sie. Auch weiß ich, dass mein Körper regelmäßige Pausen braucht und ich mich deswegen mittags meist kurz hinlegen muss. Doch davon abgesehen führe sie eigentlich ein ganz normales Leben.

Sie schrieb fast 200 Bewerbungen

Auch die meisten Professoren nahmen Rücksicht auf ihre Krankheit und vereinbarten Sonderregelungen mit ihr, wenn sie wegen eines Anfalls mal wieder an der Uni gefehlt hatte. Voller Stolz hielt Sarah Elise Bischof schließlich im Sommer 2014 ihr Magisterabschlusszeugnis in der Hand. Etwa zeitgleich schrieb sie ein Buch über den Alltag mit Epilepsie, das unter dem Titel Panthertage ein knappes Jahr später im Verlag Eden Books erschien. Als ich das erste Exemplar in den Händen hielt, dachte ich, gleich platze ich vor Glück, sagt sie.

Trotz eines sehr guten Hochschulabschlusses und eines Buchs, zu dem sie noch immer regelmäßig Lesungen veranstaltet, um möglichst viele Menschen mit der Krankheit Epilepsie vertraut zu machen, war es für Sarah Elise Bischof schwer, einen Job zu finden. Ich habe bestimmt fast 200 Bewerbungen geschrieben, sagt sie. Wenn ich schon darin meine Behinderung anführte, erhielt ich meist gar keine Reaktion.

Kollegen schätzen ihre Arbeit

Erzählte sie erst im Vorstellungsgespräch von ihrer Erkrankung, waren die Reaktionen zuweilen bizarr. Zwei Jobs gab es auf einmal nicht mehr, einer war plötzlich auf sechs Wochen befristet, erinnert sie sich. Einmal bekam ich sogar zu hören, dass man mich ohne meine Epilepsie nehmen würde – mit ihr allerdings nicht. Man habe Angst, dass sie sich an ihrem Arbeitsplatz verletze, lautete die Begründung. Zudem wolle man den Mitarbeitern keine Epileptikerin als Kollegin zumuten.

Doch Sarah Elise Bischof kämpfte und fand schließlich einen Job bei Lovely Books, einem sozialen Netzwerk im Internet, das sich an Literaturbegeisterte richtet. Sie hatte dort schon als Studentin ausgeholfen, die Kollegen waren mit ihrer Krankheit vertraut und schätzten sie selbst und ihre Arbeit. Heute ist Sarah Elise Jørgensen Content Managerin von Lovely Books und leitet dort ein kleines Team, das zu jedem Anlass die passenden Buchtipps zusammenstellt.

Ein zweites eigenes Buch, diesmal ein rein fiktiver Roman, ist bereits in Arbeit. Schreiben bedeutet für mich zu leben, sagt Jørgensen. Zwar hat sie noch immer alle zwei bis drei Monate einen epileptischen Anfall, der schon so manchen ihrer Pläne durcheinandergewirbelt hat. Doch ernsthaft beirren lässt sie sich davon schon lange nicht mehr. Meine wichtigste Strategie ist eigentlich ganz einfach, sagt sie: Ich hole aus jedem Tag das unter den gegebenen Umständen Beste heraus. ab

Sarah Elise Bischof
Panthertage

Taschenbuch, 208 Seiten, Eden Books 2015, 14,95 Euro

Die Termine der nächsten Lesungen finden sich unter .