Parkinson: Der Krankheit davongelaufen
Parkinsonpatienten, die kurz nach ihrer Diagnose drei Mal pro Woche intensiv auf dem Laufband trainierten, konnten sich in einer US-Studie ihre motorischen Fähigkeiten mindestens ein halbes Jahr lang bewahren. Womöglich verlangsamt Sport das Fortschreiten der Erkrankung.
Bewegung ist für alle Parkinsonpatienten wichtig. In der im Jahr 2016 aktualisierten Leitlinie zur Diagnostik und Therapie des Morbus Parkinson raten Experten daher übereinstimmend in sämtlichen Krankheitsphasen zur Physiotherapie.
Doch lässt sich mithilfe von regelmäßigem Sport der Krankheitsverlauf vielleicht sogar bremsen? Dieser Frage sind US-Forscher kürzlich in einer Studie mit 128 Teilnehmern nachgegangen. Diese konnte zeigen, dass ein regelmäßiges und intensives Training auf dem Laufband dazu führte, dass die motorischen Fähigkeiten der Patienten während der sechsmonatigen Beobachtungszeit weitgehend stabil blieben.
Am besten intensiv
Das Team um Professor Margaret Schenkman von der Universität Colorado hatte die Probanden in drei Gruppen eingeteilt. Die erste Gruppe wurde dazu angehalten, vier Mal pro Woche eine halbe Stunde lang auf einem Laufband zu trainieren – und zwar bei 80 bis 85 Prozent ihrer maximalen Herzfrequenz. Der zweiten Gruppe wurde das gleiche Training angeraten, allerdings nur bei 60 bis 65 Prozent der höchstmöglichen Herzschlagrate. Die dritte Gruppe wurde auf eine Warteliste gesetzt und diente dem Vergleich. Alle Patienten hatten erst kürzlich von ihrer Erkrankung erfahren und benötigten gegen sie noch keine Medikamente. Zudem hatten sie bislang keinen Sport getrieben.
Doch die Bewegung schien den Studienteilnehmern ganz offensichtlich zu gefallen: Im Schnitt erschienen sie pro Woche an 2,8 Tagen zum intensiven und an 3,2 Tagen zum moderaten Training. Dabei erreichten sie in der ersten Gruppe durchschnittlich 80 und in der zweiten Gruppe 66 Prozent ihrer maximalen Herzfrequenz. An diesem Ergebnis lässt sich schon einmal ablesen, dass auch für Parkinsonpatienten – zumindest in einem frühen Erkrankungsstadium – ein intensives Training gut möglich ist
, sagt die Neurologin Dr. Sibylla Hummel von der NTC-Gemeinschaftspraxis für Neurologie & Psychiatrie am Universitäts-Herzzentrum Bad Krozingen.
Auch auf die motorischen Symptome der Patienten wirkte sich das Training insbesondere bei hoher Herzfrequenz positiv aus. Wie Schenkman und ihre Kollegen berichten, hatte sich nach einem halben Jahr der motorische UPDRS-Wert bei den Patienten, die intensiv trainiert hatten, im Schnitt nur um 0,3 Punkte verschlechtert. Bei den Patienten mit moderatem Training waren es 2 Punkte und bei denen aus der Wartegruppe 3,2 Punkte. Mithilfe der international einheitlichen UPDRS-Skala lässt sich der Schweregrad einer Parkinsonerkrankung ermitteln. Die Abkürzung steht für die englische Bezeichnung Unified Parkinson’s Disease Rating Scale.
Die in der Studie erzielten Unterschiede zwischen den drei Patientengruppen sind relativ klein
, sagt Hummel. Das könnte unter anderem daran liegen, dass auf der UPDRS-Skala auch Symptome wie der Tremor gemessen werden, der erstens sehr variabel ist und sich zweitens durch Sport kaum beeinflussen lässt.
Hätten die Studienleiter lediglich die Beweglichkeit und die Geschicklichkeit der Probanden erfasst, wären die Unterschiede zwischen den einzelnen Gruppen größer ausgefallen, vermutet die Neurologin.
Bewegung schadet niemandem
Hummel geht zudem fest davon aus, dass ein Training, bei dem der Kreislauf so richtig in Schwung kommt, sich auch auf die Psyche und die Lebensqualität der Parkinsonpatienten positiv auswirkt. Ich rate daher eigentlich all meinen Patienten dazu, sich eine Sportart zu suchen, die ihnen möglichst viel Spaß bringt – damit sie so lange, wie es geht, bei der Stange bleiben
, sagt sie. Es müsse ja nicht unbedingt ein Training auf dem Laufband sein.
Meine Erfahrung zeigt mir immer wieder, dass der Krankheitsverlauf oft besser ist bei Patienten, die viel Sport treiben
, sagt Hummel. Zwar seien ihre eigenen Beobachtungen wissenschaftlich nicht untermauert, doch in einem ist sie sich sicher: Bewegung – erst recht, wenn sie in Gemeinschaft stattfindet – schadet eigentlich nie.