Schmerz: Kein Schmerz gleicht dem anderen

Schmerz ist nicht gleich Schmerz. Und jeder Mensch empfindet Schmerzen anders. Daher ist es so wichtig, dass der Arzt die individuellen Qualen und Bedürfnisse seines Patienten kennt und bei der Wahl der Therapie berücksichtigt. Die Mithilfe des Patienten ist dabei unerlässlich.

Mehr als 12 Millionen Menschen in Deutschland leiden an chronischen Schmerzen. Die Deutsche Gesellschaft für Schmerzmedizin (DGS) geht sogar von rund 23 Millionen Patienten aus, die regelmäßig – oft Tag für Tag – von Schmerzen geplagt werden.

Ihr Leidensweg ist oft ein langer. Bei gut der Hälfte aller Schmerzpatienten, so schätzt die Deutsche Schmerzgesellschaft, dauere es mehr als zwei Jahre, bis sie eine wirksame Therapie erhalten. Und nur jeder zehnte Patient mit chronischen Schmerzen werde überhaupt einem Spezialisten vorgestellt.

Die Betroffenen leiden nicht nur unter dem Dauerschmerz, sondern auch unter den dadurch verursachten Einschränkungen im Alltag. Oft führt die unheilvolle Kombination zusätzlich zu depressiven Verstimmungen, angstvollen Gedanken, Schlafstörungen und verminderter Konzentration.

Um Patienten mit chronischen Schmerzen künftig besser als bisher helfen zu können, sei es nötig, den einzelnen Menschen stärker in den Fokus zu stellen, betont die DGS. Dies erfordere Aufklärung, Zuwendung, Gespräche, Zeit und Empathie. Denn nicht immer entsprächen die Wünsche der Patienten den Vorgaben der evidenzbasierten Therapien, wie sie in den Leitlinien beschrieben seien.

Nicht nach starren Regeln behandeln

Unsere langjährige Erfahrung zeigt, dass der Patient mit seinen individuellen Problemstellungen und Bedürfnissen in den schmerztherapeutischen Leitlinien nicht genug berücksichtigt wird, sagte der Präsident der DGS, Dr. Johannes Horlemann, kürzlich auf dem 30. Deutschen Schmerz- und Palliativtag in Frankfurt am Main. Oft seien Alter, Geschlecht und insbesondere Multimorbidität, Begleittherapien und Schweregrad der Erkrankung nicht vergleichbar mit den Eigenschaften der Teilnehmer von Studien, die den Empfehlungen in Leitlinien zugrunde liegen. Eine leitliniengerechte Standardbehandlung sei daher häufig nicht das beste Mittel der Wahl, betonte der im niederrheinischen Kevelaer niedergelassene Schmerztherapeut.

Zehn Tipps für die Patienten

Viele Ärzte seien verunsichert, wenn sie bei der Behandlung der Schmerzpatienten von Standardverfahren abweichen, sagte Horlemann. Aus diesem Grund hat die DGS ihre eigenen Praxisleitlinien erstellt, in denen insbesondere auch die Erwartungen und Vorstellungen der unter Schmerzen leidenden Patienten berücksichtigt wurden. Die Empfehlungen, unter anderem zur Behandlung der Migräne und von neuropathischen Schmerzen, sind im Internet abrufbar unter .

Allen DGS-Leitlinien liegen zehn Thesen zugrunde. In einer These unterscheidet die Fachgesellschaft beispielsweise zwischen scheinbar wissenschaftlich richtigen Entscheidungen und klugen Entscheidungen – in Anlehnung an das US-amerikanische Choosing Wisely. Es gebe keine richtigen Entscheidungen bei der Therapie chronischer Schmerzen, heißt es dort wörtlich, sondern nur kluge, gemeinsam entwickelte, kontextangepasste Entscheidungsprozesse, die Patientenressourcen einbinden und im Behandlungsverlauf adaptiert werden.

Damit der Arzt kluge Entscheidungen treffen könne, die zu einem optimalen Therapieerfolg führen, sei die Mithilfe des Patienten unentbehrlich, betont die DGS. Darum gibt sie auf der oben genannten Internetseite speziell für Schmerzpatienten auch zehn Tipps für den Arztbesuch. Sie finden sich unter dem Menüpunkt Downloads.