Polyneuropathien: Entzündliche Polyneuropathien: Warum die schnelle Diagnose wichtig ist

Die chronische inflammatorische demyelinisierende Polyneuropathie (CIDP) ist eine seltene Erkrankung und nicht immer leicht zu diagnostizieren. Wichtig ist eine frühzeitige und richtige Diagnose der CIDP, da bei verspäteter Diagnosestellung und Therapie langfristige Nervenschädigungen eintreten können.

Ähnlich wie bei der Multiplen Sklerose kommt es zu entzündlichen Polyneuropathien wie der CIDP, aufgrund einer Fehlfunktion des Immunsystems. Das heißt, fehlgesteuerte Immunzellen greifen die Umhüllung der Nervenfasern aus Myelin an und schädigen diese. Dadurch können die Nerven Impulse nicht optimal weiterleiten, die Muskulatur arbeitet nicht mehr richtig und es kann zu Bewegungs- und Gefühlsstörungen kommen.

Auf frühe Symptome achten

Oftmals treten anfangs Empfindungsstörungen, wie Kribbeln oder Taubheitsgefühle, oder auch Nervenschmerzen in Armen und Beinen auf, sagt Professor Min-Suk Yoon. Da diese Symptome aber auch wieder verschwinden können, werden sie häufig nicht ernst genommen. Doch spätestens bei erneutem Auftreten sollte ein Arzt aufgesucht werden, rät der Chefarzt der Neurologischen Klinik am Evangelischen Krankenhaus in Hattingen. Gerade anfängliche Schwankungen im Verlauf mit spontaner Erholung können ein Hinweis auf eine chronische inflammatorische demyelinisierende Polyneuropathie, kurz CIDP, sein. Gleiches gelte für ein frühes Auftreten muskulärer Schwäche oder für einen asymmetrischen Beginn der Beschwerden, der sich etwa mit einem Kribbeln in der linken Hand und im rechten Bein bemerkbar mache. Nicht zuletzt sei die rasche Zunahme körperlicher Einschränkungen in Verbindung mit einer fortschreitenden Abnahme der Muskelmasse ein deutliches Warnzeichen, so Yoon. Er empfiehlt dringend, erste Symp-tome ernst zu nehmen und zeitnah einen Neurologen aufzusuchen. Vergeht zwischen frühen Beschwerden und der Diagnose CIDP und damit auch der effektiven Therapie zu viel Zeit, kann es durch die Entzündungsreaktionen zu irreparablen Schäden der Nervenstrukturen kommen, sagt Yoon. Davon ist dann im schlimmsten Fall auch das Innere der Nervenfaser, das Axon, betroffen. Solche Schäden führen zu bleibenden körperlichen Beeinträchtigungen, die den gesamten Alltag einschränken können. Sind die Beine von der Muskelschwäche betroffen, benötigt der Patient möglicherweise Hilfsmittel beim Gehen, zum Beispiel einen Rollator oder Gehstützen. Bei ausgeprägten Symptomen in Armen und Händen können alltägliche Arbeiten nur noch schwer oder gar nicht mehr ausgeübt werden. Betroffene sind auf Hilfe angewiesen – sei es beim Essen, der Körperpflege oder beim Anziehen. Diese extremen Folgen der Erkrankung gilt es zu vermeiden, sagt Yoon.

Wirksame Therapien

Bei der Behandlung der CIDP wird zwischen einer Akut- und einer Erhaltungstherapie unterschieden. Anfangs kommen Kortison, intravenös verabreichte Immunglobuline oder eine Blutwäsche (Plasmapherese) infrage. Spreche der Patient auf eine der beiden erwähnten medikamentösen Behandlungen an, könne die Erhaltungstherapie mit der jeweiligen Substanz weitergeführt werden, sagt der Hattinger Neurologe. Wenn nötig könne man zwischen verschiedenen Behandlungsoptionen wechseln (etwa bei Nebenwirkungen) oder gegebenenfalls eine Kombinationstherapie oder Immunsuppressiva (Medikamente, die das Immunsystem unterdrücken) einsetzen. Min-Suk Yoon: Eine schnell wirksame Therapie ermöglicht heute vielen Patienten ein weitestgehend beschwerdefreies beziehungsweise beschwerdearmes Leben.