Epilepsie: Wenn der Kopf plötzlich Pause macht

Bei Kindern tritt Epilepsie in sehr unterschiedlichen Formen auf. Dass die Hirnaktivität zeitweise gestört ist und es zu Aussetzern kommt, ist nicht selten ein Zufallsbefund. Dann sollten Eltern und Ärzte zum Schutz des Kindes handeln.

Aufgefallen ist es zuerst im Kindergarten: Beim Mittagessen stockt Niklas plötzlich und starrt vor sich hin. Einige Momente später isst er einfach weiter. Als sich das häufiger wiederholt, spricht die Erzieherin mit Anna, der Mutter von Niklas. Dabei erwähnt sie auch, dass der Fünfjährige oft nicht mehr mitspielt und stiller geworden ist. Zunächst macht Anna sich deswegen keine Sorgen. Dann aber bekommt sie mit, dass ihr Sohn ab und zu erschreckt zusammenzuckt und schneller als früher müde wird. Verunsichert beschließt sie, sich ärztlichen Rat zu holen. Vielleicht stimmt etwas mit Niklas nicht?

Oft zufällig erkannt

Jedes Kind träumt mal vor sich hin oder zuckt im Schlaf heftig zusammen. Anders sieht es aus, wenn solche Aussetzer mehrfach am Tag vorkommen und auch in Situationen, die nicht dazu passen, sagt Dr. Susanne Schubert-Bast, Kinderneurologin am Universitätsklinikum Frankfurt. Wenn ein Kind beim Sprechen, Spielen oder Essen immer wieder innehalte, könne die Ursache eine Absence-Epilepsie sein. In solchen Situationen sind die Kinder für ein paar Sekunden abwesend und reagieren nicht sofort, wenn man sie anspricht. Weitere Anzeichen können flackernde Lider, verdrehte Augen oder zuckende Mundwinkel sein. Krampfanfälle bleiben meistens aus. Deshalb werde eine solche Störung oft erst spät erkannt, sagt Schubert-Bast. Von diesen undramatischen Anfällen, bei denen sich das Bewusstsein kurz ab- und wieder einschaltet, sind etwa zehn bis 15 Prozent der rund 200.000 Kinder mit Epilepsie in Deutschland betroffen. Die meisten von ihnen sind vier bis zehn Jahre alt.

Erhöhtes Unfallrisiko

Kindliche Absencen beeinträchtigen nicht die Hirnentwicklung und die Intelligenz. Dennoch sollten Eltern die Situation im Zweifelsfall neurologisch abklären lassen, empfiehlt Susanne Schubert-Bast. Nicht zuletzt, weil eine Absence-Epilepsie das Unfallrisiko deutlich erhöhe, betont die Kinderneurologin. Es kommt vor, dass ein betroffenes Kind bei Rot über die Straße läuft oder von der Schaukel fällt. Zudem leide die Aufmerksamkeit und das Lernen falle schwer, wenn der Kopf immer wieder auf Pause schalte.

Bestätigt sich der Verdacht im EEG (Elektroenzephalografie), lässt sich eine Absence-Epilepsie mit Medikamenten in den Griff bekommen. Wirksam und für Kinder gut verträglich sind zum Beispiel die Wirkstoffe Ethosuximid, Valproinsäure oder Lamotrigin. Sie hemmen die zeitweise übersteigerte Hirnaktivität, verhindern Absencen und schützen vor eventuellen Krampfanfällen. Zu den möglichen Nebenwirkungen zählen Müdigkeit und Magen-Darm-Beschwerden. Nach zwei Jahren ohne weitere Anfälle wird die Therapie beendet.

Bis dahin hilft ein offener Umgang mit der Erkrankung, um den Alltag für das Kind leichter zu gestalten. Denn im Kindergarten hat es ein Anrecht auf besondere Betreuung und in der Schule bekommt es eine Zusatzförderung und hat somit die gleichen Chancen wie jedes andere Kind.