Schlaganfall: Vollwertkost senkt das Schlaganfallrisiko

Wer häufig Obst, Gemüse und Vollkornprodukte isst, reduziert die Gefahr von Gefäßverschlüssen im Gehirn. Viel Fleisch hingegen bewirkt das Gegenteil. Zudem führt übermäßiger Verzehr von Eiern vermehrt zu Hirnblutungen. Das hat jetzt eine große europäische Studie ergeben.

Plötzlich ist eine Seite des Körpers taub oder sogar gelähmt. Man sieht vielleicht verschwommen oder alles doppelt und kann auf einmal nicht mehr richtig oder gar nicht mehr sprechen. All das sind Symptome eines Schlaganfalls, bei dem das Gehirn nicht mehr richtig durchblutet wird und infolgedessen unzählige Hirnzellen absterben. Der Tod der Zellen wiederum führt dazu, dass einzelne Gehirnfunktionen ausfallen.

In Deutschland erleiden jedes Jahr rund 200.000 Menschen einen Schlaganfall. Meist handelt es sich um ältere Personen. Nach Angaben des Robert Koch-Instituts ist der Hirnschlag hierzulande die dritthäufigste Todesursache und der häufigste Grund für bleibende Behinderungen bei Erwachsenen. Nur wenn ein Schlaganfall sehr rasch behandelt wird, kann das Gehirn mit der Zeit die verlorenen Fähigkeiten wieder erlernen.

Auch Bewegung beugt vor

Das Risiko für einen Schlaganfall lässt sich mit einem gesunden Lebensstil verringern. Viel Bewegung, die Vermeidung von Übergewicht sowie der Verzicht aufs Rauchen und auf größere Mengen Alkohol gehören dazu. Auch die Ernährung hat einen entscheidenden Einfluss auf die Durchblutung des Gehirns. Welche Lebensmittel einen Schlaganfall fördern und welche ihm womöglich vorbeugen können, haben Wissenschaftler jetzt in einer großen europäischen Studie mit fast 420.000 Teilnehmern aus neun europäischen Ländern untersucht. Veröffentlicht ist die Arbeit in der Fachzeitschrift European Heart Journal.

Zwei Formen des Hirnschlags

Erstmals unterschieden die Forscher bei ihrer Analyse zwischen den beiden häufigsten Formen des Hirnschlags: dem ischämischen Schlaganfall, den rund 80 Prozent aller Betroffenen erleiden und bei dem die Blutgefäße des Gehirns durch kalkige Ablagerungen oder Blutgerinnsel verstopfen, und dem hämorrhagischen Schlaganfall, bei dem ein Blutgefäß platzt und dadurch Blut in das umliegende Hirngewebe austritt. An dieser Form leiden etwa 20 Prozent der Schlaganfallpatienten.

Die wichtigsten Ergebnisse der Studie lauten wie folgt: Vollkornprodukte, Obst und Gemüse, Nüsse und Samen sowie Käse und andere Molkereiprodukte schützen vor einem ischämischen Schlaganfall, während der Verzehr von rotem und verarbeitetem Fleisch wie beispielsweise Wurst das Risiko für diese Form des Hirnschlags erhöht. Menschen, die häufig Eier essen, sind besonders gefährdet, einen hämorrhagischen Schlaganfall zu erleiden. Die Risikofaktoren für die beiden Formen des Hirnschlags unterscheiden sich demnach.

Im Prinzip ist das nicht verwunderlich, denn beide Schlaganfallarten haben unterschiedliche Entstehungsursachen, auch wenn am Ende das klinische Bild sehr ähnlich ist, sagt Professor Wolf-Rüdiger Schäbitz, der Sprecher der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft und Chefarzt der Klinik für Neurologie am Evangelischen Klinikum Bethel in Bielefeld. Schäbitz hält die Studie für sehr wichtig: Gerade weil der Schlaganfall nach wie vor eine der Haupttodesursachen in Europa ist, hat die Prävention einen besonders hohen Stellenwert, betont der Mediziner.

Für die Untersuchung rekrutierten die Forscher in den Jahren 1992 und 2000 insgesamt rund 420.000 Teilnehmer aus Dänemark, Deutschland, Griechenland, Großbritannien, Italien, den Niederlanden, Norwegen, Spanien und Schweden. Bei allen Probanden ermittelten die Wissenschaftler unter anderem die Ernährungsgewohnheiten, den Lebensstil sowie Alter, Geschlecht, Bildung und weitere soziodemografische Faktoren.
Im Durchschnitt wurden die Teilnehmer 12,7 Jahre lang beobachtet. In diesem Zeitraum traten insgesamt 4.281 ischämische und 1.430 hämorrhagische Schlaganfälle auf. Die Betroffenen waren im Mittel älter als die restlichen Probanden, hatten ein etwas höheres Körpergewicht, waren häufiger starke Raucher gewesen und tranken im Durchschnitt etwas mehr Alkohol.

Nicht jeden Tag ein Ei

Besonders aufschlussreich war den Forschern zufolge die Analyse der Ernährungsgewohnheiten. Teilnehmer, die einen ischämischen Schlaganfall erlitten, hatten im Schnitt mehr rotes oder verarbeitetes Fleisch gegessen und weniger Vollkornprodukte, Obst, Gemüse, Nüsse, Samen, Käse und andere Molkereiprodukte zu sich genommen. Wie die Wissenschaftler ermittelten, ließ sich der negative Effekt eines erhöhten Fleischkonsums – mehr als 50 Gramm pro Tag – jedoch ausgleichen, beispielsweise durch eine vollkornreiche Kost. Die positiven Effekte der anderen genannten Lebensmittel blieben dagegen in allen Analysen stabil.

Fazit der Studie in Bezug auf den ischämischen Schlaganfall ist also, dass man sein persönliches Erkrankungsrisiko durch Obst, Gemüse und eine vollkornreiche Kost senken kann, sagt der Sprecher der Deutschen Gesellschaft für Neurologie, Professor Hans-Christoph Diener. Auf das Risiko für Hirnblutungen scheinen diese Ernährungsfaktoren hingegen keinen schützenden Einfluss zu haben.

Die Studie zeige, dass allein der Konsum von Eiern die Gefahr eines hämorrhagischen Schlaganfalls nennenswert erhöhe, betont der ehemalige Professor für Neurologie der Universitätsklinik Essen. Das Risiko sei pro 20 Gramm Ei am Tag in der Studie um den Faktor 1,25 gestiegen. Zum Vergleich: Ein Frühstücksei wiegt meist zwischen 50 und 70 Gramm.

Riskanter Bluthochdruck

Wie die Autoren der Studie schreiben, sind die positiven und negativen Effekte, die durch die Ernährung erzielt wurden, wahrscheinlich aber eher indirekter Art. Es ist beispielsweise bekannt, dass die Lebensmittel, die die Probanden vor einem ischämischen Schlaganfall schützten, den Blutdruck senken. Rotes und verarbeitetes Fleisch sowie Eier hingegen erhöhen den Blutdruck und das Gesamtcholesterin und können so zu Hypertonie und Hyperlipidämie führen.

Wir wissen, dass eine gesunde Ernährung diesen zwei Hauptrisikofaktoren des Schlaganfalls vorbeugt und somit in jedem Fall sinnvoll ist, sagt Diener. Unbeantwortet bleibe allerdings die Frage, ob zum Beispiel der Verzehr vieler Eier auch dann vermehrt zu Hirnblutungen führt, wenn der Blutdruck und die Blutfette medikamentös gesenkt werden – ob Ernährungsfaktoren also zusätzliche, direkte Effekte auf das Risiko eines Schlaganfalls haben.