Schmerz: Wenn mit den Tagen der Kopfschmerz kommt

Fast jede vierte Frau, die an Migräne erkrankt ist, leidet kurz vor oder während ihrer Regelblutung an besonders heftigen und langwierigen Attacken. Neben den bekannten Medikamenten zur Vorbeugung und Akutbehandlung kann die durchgängige Einnahme einer östrogenfreien Pille die Beschwerden vielfach lindern.

Für Frauen mit menstrueller Migräne werden die Tage rund um die Tage oft zur Tortur. Obwohl geschätzt zwischen 20 und 25 Prozent aller Migränepatientinnen an dieser von den natürlichen hormonellen Schwankungen des Körpers ausgelösten Form des Kopfschmerzes leiden, ist die Erkrankung noch immer nicht sonderlich gut untersucht. Eine in der Fachzeitschrift Lancet Neurology erschienene Studie hat jetzt den aktuellen Kenntnisstand zusammengetragen.

Als Ursache machen die Neurologin Dr. Kjersti Grøtta Vetvik vom Universitätskrankenhaus Akershus in Lørens-kog bei Oslo und Professorin Anne MacGregor, Gynäkologin im St Bartho-lomew‘s Hospital in London, vor allem zwei Faktoren aus: den sinkenden Östrogenspiegel kurz vor Beginn der Regelblutung und die ungefähr zeitgleich dazu erfolgende vermehrte Freisetzung von Prostaglandin. Beide Hormone wirken sich den Autorinnen zufolge im Gehirn auf verschiedene Botenstoffe aus, die die Entstehung und das Empfinden von Schmerzen beeinflussen.

Die Internationale Kopfschmerzgesellschaft unterscheidet zwischen der menstruellen Migräne, bei der die Attacken ausschließlich kurz vor oder während der Regelblutung auftreten, und der menstruationsassoziierten Migräne, bei der auch zu anderen Zeiten im Zyklus Attacken vorkommen, sagt der NTC-Experte Dr. Andreas Peikert, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie am Neurologicum Bremen. Charakteristisch ist, dass die Anfälle häufig intensiver sind als andere Migräne-attacken, länger andauern und mitunter schlechter auf die Akutbehandlung ansprechen.

Ein Tagebuch hilft bei der Diagnose

Wichtig sei es, zwischen einer echten menstruellen Migräne und einem zufälligen zeitlichen Zusammenhang zu unterscheiden, schreiben Kjersti Grøtta Vetvik und Anne MacGregor. Besonders groß sei die Gefahr einer solchen Fehlinterpretation bei chronischer Migräne. Die von ihr betroffenen Frauen leiden an 15 oder mehr Tagen im Monat an Kopfschmerzen. An mindestens acht Tagen davon treten zusätzlich weitere Migränesymptome wie Übelkeit, Licht- oder Geräuschempfindlichkeit auf. Die Autorinnen der Studie raten daher bei dem Verdacht auf eine menstruelle Migräne den Frauen dazu, ein Kopfschmerz- und Menstruationstagebuch zu führen, in das der Beginn, die Dauer und die Intensität sowohl der Migräneattacken als auch der Regelblutungen eingetragen werden.

Im Prinzip wird die menstruelle Migräneattacke behandelt wie jede andere Migräneattacke auch, sagt der Neurologe Peikert. Denn die gängigen Akutmedikamente, insbesondere die Triptane, helfen auch bei den hormonell bedingten Kopfschmerzattacken. Dass sie oft weniger effektiv als bei anderen Migräneanfällen sind, könne unter anderem an der längeren Dauer der Attacken liegen, schreiben Kjersti Grøtta Vetvik und Anne MacGregor: Wenn die Wirkung des Triptans abklingt, kehren die Kopfschmerzen zurück. Langwirksame Substanzen wie beispielsweise Frovatriptan könnten daher für die Akutbehandlung der menstruellen Migräne besonders geeignet sein.

Die Pille durchzunehmen, kann helfen

Nach meiner Erfahrung kann auch die durchgängige Einnahme eines Gestagen-Kontrazeptivums, also einer östrogenfreien Pille, helfen, indem sie die Regelblutung unterdrückt und dadurch die menstruell ausgelöste Migräneattacke verhindert, sagt Andreas Peikert. Als wenig wirksam habe sich dagegen die Verwendung eines Östrogenpräparats während der Menstruation oder in der monatlichen Pillenpause erwiesen. Zur Vorbeugung der hormonell bedingten Attacken hätten sich in schweren Fällen zudem Topiramat und der Antikörper Erenumab als wirksam erwiesen, berichten Kjersti Grøtta Vetvik und Anne MacGregor.

Hoffnung auf Besserung gibt es vor allem für Frauen um die Fünfzig: Die derzeit vorliegenden Daten weisen darauf hin, dass sich die menstruelle Migräne zwar in den Wechseljahren noch einmal verschlimmern kann – aber dann allmählich für den Rest des Lebens verschwindet. • ab