Polyneuropathien: Was sind medizinische Leitlinien?

Überblick und Orientierungshilfe: Wenn es darum geht, die richtige Behandlung für einzelne Patienten zu finden, können Ärzte medizinische Leitlinien zurate ziehen.

Leitlinien, die es inzwischen für eine große Vielzahl von Erkrankungen gibt, sind systematisch entwickelte Entscheidungshilfen für Ärzte zur angemessenen Vorgehensweise bei speziellen Gesundheitsproblemen. Sie fassen den aktuellen Forschungsstand und die übereinstimmenden Einschätzungen von Experten verschiedener Fachbereiche sowie oftmals auch die Meinung von Patienten oder Patientenvertretern zu bestimmten medizinischen Maßnahmen zusammen.

Nutzen und Risiken abwägen

Leitlinien sammeln und bewerten das Wissen aus klinischen Studien und die Erfahrungen aus Kliniken und Praxen und wägen Nutzen und Risiken von Behandlungsmöglichkeiten gegeneinander ab. Damit sollen vor allem für Transparenz in der Therapie gesorgt und Empfehlungen gegeben werden; rechtlich bindend sind Leitlinien im Gegensatz zu Richtlinien jedoch nicht. Der Arzt hat immer einen gewissen Handlungsspielraum und darf oder muss sogar von der Leitlinie abweichen – insbesondere dann, wenn individuelle Risikofaktoren des Patienten eine andere Therapie erfordern.

Bei der Entscheidung für oder gegen eine Therapie ist es wichtig, dass der Patient diese versteht. Dann ist es wahrscheinlicher, dass er die Behandlung akzeptiert und ihr längerfristig und trotz möglicher Nebenwirkungen treu bleibt.

Hier kann es helfen, wenn der Arzt seinen Therapieplan anhand der Leitlinie begründet und dem Patienten die relevantesten Fakten erläutert. Darüber hinaus gibt es für einige Erkrankungen auch Patientenleitlinien. Dabei handelt es sich um eine laiengerechte Übersetzung der fachlichen Empfehlungen, die dem Patienten zu einem besseren Verständnis der eigenen Erkrankung verhelfen wollen. So kann er gemeinsam mit seinem Arzt zu einer Therapieentscheidung kommen beziehungsweise diese nachvollziehen.

Empfehlungen für Polyneuropathie-Patienten

Leider gibt es für die Behandlung von entzündlichen Polyneuropathien – im Gegensatz zu Neuropathien aufgrund einer Diabetes-Erkrankung – noch keine Patientenleitlinie. Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) hat jedoch zur Therapie des Guillain-Barré-Syndroms (GBS) oder der Chronischen Inflammatorischen Demyelinisierenden Polyradikuloneuropathie (CIDP) eine Leitlinie für Ärzte herausgegeben. Demnach sind beim GBS eine spezielle Blutwäsche, die Plasmapherese, sowie Immunglobuline die effektivsten Therapieformen. Die alleinige Gabe von Glukokortikosteroiden hat dagegen keinen positiven Einfluss auf den Krankheitsverlauf; sie kann Studien zufolge die Erholung sogar behindern.

CIDP-Patienten sollten mit Kortikosteroiden oder Immunglobulinen behandelt werden. Hierfür kommen sowohl die intravenöse Gabe, bei der die Antikörper als Infusion in die Vene gelangen, als auch die subkutane Anwendung unter die Haut infrage. Sollten sich diese Therapien als unwirksam erweisen, kann eine Plasmapherese in Betracht gezogen werden. Bezüglich nicht medikamentöser Maßnahmen empfiehlt die Leitlinie, dass Patienten mit CIDP eine Physiotherapie erhalten.

Neuropathische Schmerzen sollten ebenfalls behandelt werden. Bei der Therapieauswahl können Leitlinien helfen, die für diese speziellen Schmerzformen infolge von Nervenerkrankungen erstellt wurden. ag