Medikamentöse Therapie

Durch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, kurz IQWiG, wurde eine positive Nutzenbewertung für den Einsatz von Acetylcholinesterasehemmern zur Behandlung der Alzheimer-Demenz gegeben. Trotzdem ist eine Diskrepanz zwischen Dauer des Krankheitsverlaufs und mittlerer medikamentöser Behandlungsdauer zu verzeichnen. Obwohl die mittlere Krankheitsdauer ab Diagnosestellung bei der Alzheimer-Demenz mehr als sieben Jahre beträgt, erfolgt die medikamentöse Behandlung mit einem Acetylcholinesterasehemmer durchschnittlich lediglich über 4,5 Monate.

Ein besonderes Problem besteht aus nachvollziehbaren Gründen in der Einnahmezuverlässigkeit. Roe et al. konnten in einer kleineren Untersuchung zeigen, dass nach sechs Monaten lediglich noch 63 % der Patienten die Therapie fortsetzten, wobei 14 % dieser Patientengruppe die Therapie für sechs oder mehr Wochen unterbrochen hatten.

Die Analyse der Daten von 21.500 Alzheimer-Patienten der Barmer Ersatzkasse hat ergeben, dass die jährlichen Therapiekosten antidementiv behandelter Patienten signifikant unter den Therapiekosten unbehandelter Patienten lag, wobei die Gruppe der Unbehandelten über 30 % betrug und lediglich 7 % aller erfassten Patienten leitliniengerecht behandelt wurden.

Durch das IQWiG wurde eine Metaanalyse randomisierter placebokontrollierter Studien für Acetylcholinesterasehemmer und Memantin zur Behandlung der Alzheimer-Demenz durchgeführt. Das Institut kam zu der Aussage, dass die Medikamente einen patienten-relevanten Einfluss auf

  1. die Besserung von Alltagsfunktionen
  2. die Besserung von begleitenden psychopathologischen Symptomen
  3. die Besserung der kognitiven Leistungsfähigkeit
  4. die Besserung der krankheitsbezogenen Lebensqualität
  5. die Vermeidung einer vollständigen Pflegebedürftigkeit und die Reduktion von Therapie-assoziierten unerwünschten Ereignissen hat.

Es ergibt sich auch ein Benefit für den Umgang mit den Erkrankten, sprich eine Entlastung der Angehörigen.

Die medikamentöse Therapie setzt sich aus unterschiedlichen Bausteinen zusammen. Bedingt durch das hohe Lebensalter, in dem die sich die Demenz manifestiert, bestehen bei den Betroffenen meist eine Vielzahl unterschiedlicher Co-Morbiditäten. Dies macht selbstverständlich eine allgemeinmedizinische Basistherapie zur Behandlung von körperlichen Begleiterkrankungen und Behinderungen notwendig. Als zweiter Baustein erfolgt die Therapie mit einem Antidementivum. Sie dient der Verbesserung der kognitiven Leistung und Alltagsbewältigung.

Wesentliche weitere Therapiebestandteile stellen die Antidepressiva, Neuroleptika, Antiepileptika und Anxiolytika dar. Die Untersuchung von 2808 ambulant betreuten Alzheimer-Patienten aller Schweregrade konnte Symptomcluster identifizieren, die besonders häufig nachzuweisen waren. Besonders häufig fielen affektive Symptome (Depression, Angst, Hyperaktivität, Agitiertheit, Enthemmung, Irritierbarkeit), psychotische Symptome (Halluzinationen, Wahn, nächtliche Unruhe) und Apathie auf. Alle diese Symptome führen zu einer erheblichen Einschränkung der Lebensqualität und machen eine spezifische Therapie notwendig.

Acetylcholinesterasehemmer und nicht-kompetitive NMDA-Rezeptor-Antagonisten stehen derzeit zur medikamentösen Behandlung der Alzheimer-Demenz zur Verfügung. Der pharmakologische Therapieansatz beruht auf der Regulation der bei der Alzheimer-Demenz veränderten Neurotransmission.

Heute praktizierte Therapieansätze basieren auf dem neuropathologisch nachgewiesenen Verlust von cholinergen Neuronen. Diese liegen ganz überwiegend im Nucleus basalis von Meynert und haben einen Einfluss auf die Gedächtnisleistung. Infolge des Verlustes cholinerger Neurone tritt der Abbau kognitiver Leistungsfähigkeit auf. Unter der Hypothese des zentralen cholinergen Defizits eingesetzte Hemmstoffe der Cholinesterase führen zur Verbesserung der Neurotransmission bei Alzheimer-Kranken. Für die sogenannten Cholinesterasehemmer konnte in Studien die signifikante Wirksamkeit mit verzögertem kognitiven Abbau und verbesserten Alltagsaktivitäten nachgewiesen werden.

Gelingt es, die Enzymaktivität der Acetylcholinesterase durch einen entsprechenden Hemmstoff zu reduzieren, steigt die Konzentration des Acetylcholins im synaptischen Spalt und ermöglicht somit eine verbesserte Neurotransmission.

Nachdem Cholinesterasehemmer der 1. Generation zur schwerwiegenden systemischen Nebenwirkungen wie Leberschädigung und gastro-intestinalen Beschwerden mit Schmerzen, Durchfall, Erbrechen und Übelkeit in erheblichem Ausmaß geführt hatten, stehen nun Medikamente der 2. Generation zur Verfügung. Es ist ein reversibler selektiver Acetylcholinesterase-Inhibitor mit dem für Acetylcholinesterase-Inhibitoren-typischen gastrointestinalen und kardialen Nebenwirkungsprofil. Die Einnahme erfolgt einmal täglich. Zur Vermeidung unangenehmer Nebenwirkungen wird das Medikament über vier Wochen eindosiert und dann in der zugelassenen täglichen Maximaldosis von 10 mg verabreicht.

Neben den Cholinesterasehemmern steht ein nicht-kompetitiven Glutamatantagonist zur Therapie zur Verfügung. Dieser führt zu einer Verbesserung der Neurotransmission durch einen reduzierten Calciumeinstrom nach intrazellulär und wirkt damit der toxisch wirkenden Übererregung des Glutamatsystems entgegen, zu dem es im Rahmen der Alzheimer-Erkrankung kommt.

Über die beiden besprochenen Wirkstoffgruppen hinaus existiert eine Vielzahl weiterer anderer Therapeutika, für die sich aber keine überzeugende Evidenz hinsichtlich einer Wirksamkeit bei der Alzheimer-Demenz erbringen ließ.