Rechtliche Aspekte bei Diagnose Demenz

Die Diagnose einer Demenz hat eine weitreichende, auch juristische Bedeutung. Diese wird häufig überhaupt nicht oder zu spät vermittelt. Dadurch können im Weiteren erhebliche Probleme entstehen.

Mit der Diagnosestellung gehen wichtige praktische Implikationen für Patient, Angehörige und den Arzt einher. Die Bereiche, die hier betroffen sind, sind Vorsorgevollmacht und Betreuung, Patientenverfügung, Testament, erbrechtliche Besonderheiten und insbesondere auch oft Führerschein und Fahrtauglichkeit.

Grundsätzlich gilt, dass jeder verantwortungsvolle Erwachsene, um die Endlichkeit des eigenen Lebens und der eigenen Gesundheit wissend, die rechtlichen Angelegenheiten, auch für den Krankheitsfall, regelt. Dies gilt umso mehr für eine Demenzerkrankung. Diese ist eine nicht heilbare Erkrankung, die im Krankheitsverlauf zu einer Minderung der Urteilsfähigkeit und damit auch Testierfähigkeit führt. Somit gilt, dass die Erstellung einer Vorsorgevollmacht, einer Patientenverfügung und eines ordentlichen Testamentes grundsätzlich nicht erst zum Zeitpunkt einer Demenzerkrankung angestrebt werden sollen, umso mehr sollten diese juristischen Schritte aber in den Weg geleitet werden, wenn die Diagnose einer Demenz gestellt wird.

Eine Vorsorgevollmacht ersetzt eine Betreuung. Ist ein zu Betreuender nicht in der Lage, seine Angelegenheiten selbst zu besorgen, können diese Aufgaben von einem in einer Vorsorgevollmacht Bevollmächtigten übernommen werden. Diese Vorsorgevollmacht kann nur zu Zeiten der gegebenen Urteils- und Testierfähigkeit erstellt werden. Grundsätzlich ist es begrüßenswert, wenn die Vorsorgevollmacht notariell beglaubigt wird. Von Zeit zu Zeit können und sollen Vorsorgevollmachten überprüft werden. Im Rahmen der Vorsorgevollmacht können Vollmachten erteilt werden für bestimmte Angelegenheiten wie Verträge, Geldangelegenheiten, Unterbringung, medizinische Maßnahmen, Vertretung gegenüber Behörden etc.

Ausdrücklich muss in der Vorsorgevollmacht zum Ausdruck gebracht werden, ob der Bevollmächtigte eine Unterbringung entscheiden kann. Dies gilt insbesondere für den Fall, dass durch Unterbringung bzw. freiheitsentziehende Maßnahmen zum Schutze des Erkrankten gehandelt werden muss. Auch ärztliche Eingriffe müssen explizit benannt werden. Der Bevollmächtigte muss ermächtigt werden, ärztliche Eingriffe zu erlauben. Dies ist bedeutsam, da invasive ärztliche Maßnahmen juristisch als Körperverletzung eingestuft werden.

Eine Generalvollmacht bringt Vorteile, geht aber auch mit Risiken einher. So gilt die Handlungsbefugnis bei einer Generalvollmacht auch dann, wenn der Betroffene verhindert ist, wie z. B. im Urlaubsfall. Auch bedarf es dann nicht des Nachweises der Handlungsunfähigkeit des Betroffenen. Aber eine solche Generalvollmacht birgt natürlich auch ein Missbrauchsrisiko.

Form der Vollmacht:

Die Vollmacht bedarf grundsätzlich keiner besonderen Form. Allerdings erfordert die Ermächtigung zur Entscheidung über gefährliche ärztliche Eingriffe und zu freiheitsentziehenden Maßnahmen die Schriftform. Eine notarielle Beurkundung ist empfehlenswert, da hiermit die Echtheit der Unterschrift nachgewiesen wird und auch sichergestellt werden kann, dass der die Vollmacht Erteilende die Tragweite der Entscheidung überschaut. Gerade bei Demenzerkrankten ist ein ärztliches Attest wichtig. Dieses soll die Testierfähigkeit des Betroffenen belegen.

Die Betreuung stellt die staatliche Form des Beistandes in Form von Rechtsfürsorge dar. Sie darf nicht verwechselt werden mit der bei Demenzkranken häufig notwendigen Hilfe, die ebenfalls als Betreuung Demenzerkrankter bezeichnet wird. Die Einrichtung einer Betreuung ist keine Entmündigung. Diese wurde 1992 abgeschafft. Die Autonomie des Betreuten soll so weit als möglich erhalten bleiben. Dies bedeutet, dass den Wünschen des Betreuten so weit wie möglich Vorrang gegeben werden muss.

Kann ein volljähriger Mensch aufgrund einer Krankheit oder Behinderung seine Angelegenheiten nicht oder nur teilweise besorgen, so kann beim Vormundschaftsgericht ein Antrag auf Betreuung gestellt werden. Eine richterliche Anhörung, regelhaft in Kenntnis einer ärztlichen Stellungnahme, setzt dann ggf. eine Betreuung ein. In dem Betreuungsbeschluss werden Aufgabenbereiche, die vom Betreuer ausgefüllt werden, benannt. Die Dauer der Betreuung ist in Kenntnis des Krankheitsbildes bzw. der Behinderung zeitlich limitiert und muss spätestens alle sieben Jahre überprüft und ggf. verlängert werden.

Die Einrichtung einer Betreuung verläuft gemäß eines festgelegten Ablaufs. Noch einmal sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass solange Testierfähigkeit gegeben ist, ein Betreuungsverfahren durch eine Vorsorgevollmacht ersetzt werden kann. Für die Betreuung muss z. B. durch Angehörige eine Anregung der Betreuung beim Amtsgericht eingereicht werden. Dort wird dann ein Verfahrenspfleger eingesetzt, der die Interessen des Betroffenen wahrnimmt. Es erfolgt eine Aufklärung und Anhörung vor Gericht. Sodann wird ein fachärztliches Gutachten angefordert. Es erfolgt eine richterliche Anhörung und Inaugenscheinnahme des Betroffenen in Kenntnis des fachärztlichen Gutachtens. Nach einem Einführungsgespräch mit dem Rechtspfleger wird dann richterlich die Betreuung festgelegt und eine Bestellungsurkunde an den Betreuer ausgehändigt.

Wer wird Betreuer:

Hierzu gelten folgende Kriterien. Die oberste Maxime ist das Wohl des Betroffenen/des Betreuten. Der geäußerte Wunsch des Betroffenen ist maßgeblich. Dabei soll auf verwandtschaftliche und persönliche Bindungen Rücksicht genommen werden. Allerdings birgt dies die Gefahr von Interessenskonflikten. Aus diesem Grund haben Verwandtschaftsgrade nicht absoluten Vorrang bei der Bestellung zum Betreuer. Im Zweifelsfall können Berufsbetreuer bestellt werden. Der Betreuer wird für definierte Aufgabenbereiche bestellt. Diese sind auf der Folie einzeln benannt.

Pflichten eines Betreuers:

Der Betreuer unterliegt stets der Aufsicht des Amtsgerichtes. Auf Verlangen des Gerichtes muss er hinsichtlich der Führung und Betreuung und den persönlichen Verhältnissen des Betreuten Auskunft geben. Insbesondere hinsichtlich der Vermögensverwaltung muss eine Rechnungslegung erfolgen.

Gesondert genehmigungspflichtig sind bestimmte Rechtsgeschäfte. Dies gilt insbesondere bei Verfügungen über wirtschaftlich bedeutsame Transaktionen wie den Verkauf von Immobilien.

Die Anordnung der Betreuung führt nicht dazu, dass der Betroffene seine rechtliche Handlungsfähigkeit verliert. Dies bedeutet, dass der Betreute in Abhängigkeit vom Gesundheitszustand durchaus weiterhin am Rechtsverkehr teilnehmen kann. Da dies bei bestimmten Krankheitsbildern Gefahren für den Betreuten implizieren kann, kann im Rahmen der Erteilung einer Betreuung ein Einwilligungsvorbehalt erklärt werden. Dies bedeutet dann z. B. dass bestimmte Transaktionen, z. B. finanzieller Natur, der Einwilligung des Betreuers bedürfen.

Zusammenfassend lassen sich folgende Aspekte herausstreichen: Ehegatten und nahe Verwandte sind juristisch nicht befugt, im Sinne eines Betreuungsbedürftigen zu handeln. Bei der Benennen des Betreuers muss das Amtsgericht die Interessen des Betroffenen wahren. Dies kann dazu führen, dass ein familienfremder Dritter zum Betreuer ernannt wird. Der Betreuer, Verwandte, Ehegatte oder Berufsbetreuer muss mit der Ernennung einhergehende Verpflichtungen erfüllen. Da das Verfahren zur Bestellung eines Betreuers zeitaufwendig und die Durchführung der Betreuung mit Kosten verbunden ist, sollte wenn immer möglich, eine Vorsorgevollmacht angestrebt werden. Für bestimmte Rechtsgeschäfte, vor allem weitreichende finanzielle Transaktionen, bedarf es der Genehmigung des Amtsgerichtes. Diese dürfen vom Betreuer nicht ohne eine solche Genehmigung durchgeführt werden.

Hinsichtlich des Betreuungsrechtes finden Sie im Internet unter Bundesministerium der Justiz entsprechende Auskünfte. Beratungsstellen verfügen häufig auch über Vordrucke, die das Erstellen einer Vorsorgevollmacht erleichtern.

Patientenverfügung bzw. Patiententestament befinden sich im Spannungsverhältnis zwischen dem Selbstbestimmungsrecht des Patienten und den ethischen Grundsätzen der medizinischen Leistungserbringer, insbesondere der Ärzte. Aus diesem Grunde bedarf es in diesem Bereich einer größtmöglichen Sorgfalt. Auch ist es ratsam, entsprechende Dokumente regelmäßig, zumindest alle fünf Jahre, zu überprüfen und ggf. neu zu bestätigen.

Grundsätzlich gilt das Selbstbestimmungsrecht des Patienten. Dies bedeutet, dass bei gegebener Einsichts- und Urteilsfähigkeit ein Patient nicht gegen seinen Willen therapiert werden darf. Allerdings ergeben sich im Einzelfall schwierige Situationen, da häufig nur schwer einzuschätzen ist, ob zum Zeitpunkt der Entscheidung bezüglich einer ärztlichen Maßnahme die erforderliche Einsichts- und Urteilsfähigkeit gegeben ist.

Liegt eine Patientenverfügung vor, so sind die behandelnden Ärzte grundsätzlich an den geäußerten Willen des Patienten gebunden. Im Sinne des Patienten enthebt eine solche Patientenverfügung einen behandelnden Arzt aber nicht grundsätzlich davon, zum Zeitpunkt der Entscheidung zu überprüfen, ob der niedergelegte Wille fortbesteht. Grundsätzlich sind behandelnde Ärzte aber an die Patientenverfügung gebunden. Dennoch ist es aus gesagten Gründen umso mehr ratsam, die Patientenverfügung regelmäßig zu überprüfen, zu ändern oder zu bestätigen.

In der Patientenverfügung wird festgelegt, welche medizinischen Schritte in einem lebensbedrohlichen oder schweren Krankheitszustand wahr-genommen werden sollen. Da Patientenverfügungen in aller Regel von Laien niedergelegt werden, ist es sinnvoll, wenn zuvor Erkundigungen bei Ärzten eingeholt werden, um festzulegen, welche Maßnahmen heute sinnvoll bzw. weniger sinnvoll sind, um das vom Patienten Gewollte konkret zu ermöglichen bzw. zu vermeiden. Vordrucke zur Patientenverfügung existieren z. B. bei Beratungsstellen.

Ein eigenhändiges Testament ist ein vom Betroffenen selbst eigenhändig geschriebenes Testament, mit vollem Namen unterzeichnet. Um juristische Gültigkeit zu erlangen, muss diese Niederschrift Ort und Datum enthalten. Ein öffentliches Testament hingegen ist eine Niederschrift, die vom Notar angefertigt wird. Der Notar berät hierbei über Form und Inhalt der Urkunde. Diese wird dann auch im Notariat aufbewahrt. Ein gemeinschaftliches Testament ist das eigenhändige oder öffentliche Testament von Ehegatten.

Bei der Testamentgestaltung ist zu bedenken, dass das Vermögen, das ein im Pflegeheim untergebrachter Demenzkranker erbt, von der Sozialhilfe für die Aufbringung der Heim- und Pflegekosten eingesetzt wird. Dies gilt es auch bei Erbverträgen zu beachten. Wichtig ist hierbei auch zu bedenken, dass eine Änderung des Testamentes nicht mehr möglich ist, sobald der Testamenterstellende an einer fortgeschrittenen Demenz erkrankt ist.

Die Fahrtauglichkeit von Demenzerkrankungen stellt ein erhebliches juristisches Spannungsfeld dar. Wenngleich die Diagnose einer Alzheimer Erkrankung nicht gleichbedeutend ist mit einer absoluten Fahruntauglichkeit, kann eine solche Erkrankung schon im Frühstadium die Verkehrstüchtigkeit beeinträchtigen. Dabei sind es weniger körperliche als geistige Fähigkeiten wie Aufmerksamkeit, Konzentration, Orientierung und Gedächtnis, die die Fahrtauglichkeit mindern.

Die demographische Entwicklung und die damit einhergehende Zunahme von Demenzerkrankten Menschen führt auch zu einem Anstieg von Demenzerkrankten Autofahrern. Man schätzt, dass in Westeuropa derzeit 2,4 Mio. Demenzkranke Auto fahren. Allerdings gibt es zu diesem Thema wenige Studien. Es ist zwar ein grundsätzlich erhöhtes Unfallrisiko nachgewiesen, aufgrund der eher defensiven Fahrweise älterer Verkehrsteilnehmer sind schwere Unfälle allerdings weniger häufig. Hinzu kommt, dass zu Beginn der Erkrankung das Risiko nur gering erhöht ist. In fortgeschrittenen Krankheitsstadien verzichten dann viele Demenz-erkrankte ohnehin auf das Autofahren.

Die Fahrtauglichkeit im Alter und insbesondere bei Demenzerkrankungen wird durch Probleme der Sinnesfähigkeiten wie z. B. der Sehkraft gemindert. Aufmerksamkeit, Konzentration, Auffassungsgeschwindigkeit, Orientierung und Reaktionsfaktoren sind aber neuropsychologische Demenz-assoziierte Befähigungen, die im Rahmen einer Demenz beeinträchtigt werden.

Die Diagnose einer Demenz impliziert nicht grundsätzlich eine nicht mehr gegebene Fahrtauglichkeit. Grundsätzlich obliegt es der Sorgfaltspflicht des Verkehrsteilnehmers, die eigene Fahrtauglichkeit sicher zu stellen. Beginnende Demenzerkrankungen mit einem Minimentalwert von größer 24 Punkten sind in aller Regel mit einer nur geringen Beeinträchtigung der Fahrtauglichkeit assoziiert. Bei fortschreitenden Demenzen und insbesondere dann, wenn Fahrunsicherheiten und Unfälle berichtet werden, ist eine Fahrtauglichkeit dann nicht mehr gegeben. Im Zweifelsfällen können neuropsychologische Untersuchungen insbesondere aber Fahrproben bei Fahrlehrern über die Fahrtauglichkeit Auskunft geben. Diese Untersuchungen gehen finanziell zu Lasten des Führerscheininhabers. Diese Maßnahmen sind aber essentiell, da im Zweifelsfall nur hierüber auch ein Versicherungsschutz gewährleistet ist. Entsprechende Atteste können die Fahrtauglichkeit auch auf Fahrten bei Tageslicht und für kürzere Strecken einschränken.

Ärzte sind grundsätzlich gehalten, Demenzerkrankte auf die Gefahren einer eingeschränkten Fahrtauglichkeit hinzuweisen. Die Beweispflicht der gegebenen Fahrtauglichkeit liegt jedoch stets bei dem Verkehrsteilnehmer. Er muss auch die Kosten für entsprechende Gutachten und Atteste tragen.